Vor den zahlreichen Festival-Auftritten in Europa,
unter anderem auch als einer der Headliner vom
diesjährigen «BYH!!!-Festival» in Balingen, beehrte uns
die britische NWOBHM-Legende Judas Priest in der
gleichen Woche zuvor noch in der Schweiz. Der Ort des
Geschehens wurde ja unlängst, anlässlich des «Rocksound
Festivals», bereits ausgiebig von Metalheads bevölkert.
So kam es einem dann irgendwie vor, gleich vier Tage
hintereinander im Emmental durchgerockt zu haben. Vor
dem mit Spannung erwarteten Auftritt bekamen wir von
Metal Factory die Gelegenheit, mit Gitarrist KK Downing
ein gepflegtes Interview zu führen. Lest unten stehend,
was der gute Ken alles so zu «Nostradamus» erzählte, ob
es je zu einem Komplett-Konzert, also Aufführung des
ganzen, neuen Albums kommt und ob die auf Tonträger
verewigten Orchester-Parts echt oder digital sind!
Darüber hinaus gibt es noch ein paar interessante
Aussagen zu «Painkiller»! (KK = KK Downing)
MF: Ok KK..., «Nostradamus»...
KK: ...ja...
MF: ...ist ein tolles Stück Musik geworden!
KK: Oh..., vielen Dank!
MF: Wie lange hat das Songwriting gedauert?
KK: Ähmm..., das ging nicht wirklich lange..., wir kamen
ziemlich schnell voran weisst du. Von dem Moment an, wo
wir uns für dieses Projekt entschieden haben, sind zwei
Jahre vergangen. In der Zwischenzeit haben wir noch ein
paar Gigs gespielt. Wir haben uns dabei nicht zu Tode
geschuftet, sind aber dran geblieben.
MF: Wenn man beginnt, an einem Konzeptalbum wie
«Nostradamus» zu schreiben, was ist das Schwierigste
daran? Die Musik oder die Texte?
KK: Nun..., es ist nicht wirklich schwierig, weil wir
uns normalerweise aufteilen, das heisst Rob kümmert sich
um die Texte, während Glenn und ich uns der Musik widmen
und dann all die Ideen zusammen fügen.
MF: All die philharmonischen Sounds..., sind die
echt, also von einem richtigen Orchester live gespielt
und aufgenommen worden?
KK: Glenn und ich..., nun..., es kümmert uns nicht
wirklich..., eine Menge Leute fragen sich jeweils, ob es
hierzu einen Musical Direktor gibt! Die Wahrheit ist:
Wir machen alles selber! Wir teilten uns auf mit
Keyboards, Synthesizern und Guitar-Synthies. Ausserdem
half uns Don Airey (Deep Purple), ein grosser
Solo-Künstler und guter Freund von uns aus und steuerte
ein paar Parts, respektive einige feine ausgesuchten
Sachen bei. Darüber hinaus spielte ich Gitarren-Sounds
über Midi ein und legte danach echte Strings darüber.
Aber alles sonst..., all die Parts stammen von Glenn und
mir!
MF: Das klingt gut...
KK: ...weisst du..., Mitte der 80er begannen wir mit dem
Verarbeiten von Guitar-Synthesizern, was die Leute nicht
wirklich mitbekamen. Aber aktuell ist die Technik
fortgeschritten..., wenn du ein Keyboard spielst, ein
Piano, Chöre singst, Stimmen erzeugst, Kirchenorgeln...,
Violinen..., das lässt sich alles über die Gitarre
triggern. So geht das heutzutage und es macht grossen
Spass, damit zu arbeiten.
MF: Ja! Einzelne Parts hören sich an wie auf Iron
Maiden's «Somewhere In Time» Album...
KK: Yeah..., du hast eine Menge etablierter Sounds zur
Verfügung und diese sind bei dieser Art Equipment als
Standard anzusehen.
MF: Der Gesang von Rob ist sehr ausgeglichen, aber
nicht mehr so hoch wie noch ein paar Jahre zuvor. Wie
steht es um seine Stimmbänder, sind sie ausdauernd genug
für eine weitere Tour?
KK: Oh..., absolut! Da besteht kein Grund zur Sorge...,
du wirst ihn heute Abend hören und performen sehen. So
wird es auch weiter gehen..., weisst du, wenn man all
die Anstrengungen und Beschwerlichkeiten dokumentiert,
Mysteriöses und Intrigen über das Leben von jemandem...,
wenn du anfängst das wie ein Besessener zu überprüfen,
dann geht das in die falsche Richtung. Das ist mit
vielen anderen Dingen auch so. Es ist schwer das zu
verstehen..., wenn du sagst, wir machen jetzt eine
Platte und das muss jetzt besser so und so sein, weil
die Leute sonst glauben, wir könnten es nicht..., und
wir glauben, dass dies nicht nötig ist, weil wir denken,
dass die Leute schon wissen, was wir können. Kurzum: Wir
blicken nach vorne!
MF: Viele Fans erwarten nichts anderes als ein
weiteres «Painkiller-Album». Was gibst du denen für eine
Antwort?
KK: Da habe ich eine gute Antwort darauf: Sie haben sich
dieses Album ja bereits gekauft, also warum wollen sie
denn noch eines? (lacht) - Nun..., es ist bereits in
Stein gemeisselt..., darum sehr sehr schwierig...,
selbst der grosse Jimi Hendrix (R.I.P.) könnte es nicht
mehr besser machen..., «Electric Ladyland» oder «Are You
Experienced». Würdest du diese Platten besser haben
wollen..., jetzt wo sie schon so lange da sind? Sie sind
längst gefestigt, in unseren Herzen, im Kopf, in unserer
Seele. Der zweite Teil der Antwort auf diese Frage
ist..., als wir «Painkiller» veröffentlicht haben, sind
wir ein grosses Risiko eingegangen! Der Erfolg war nicht
von Anfang an da..., es brauchte eine lange Zeit, bis
die Scheibe wirklich erfolgreich wurde. Vielen Leute
erinnern sich nicht mehr daran, aber es war so. Als wir
mit der Tour in Nordamerika starteten, spielten wir fünf
Songs von dieser Platte und am Ende des ersten Teils
waren es noch deren zwei!
MF: Schwierige Zeiten also...
KK: ..., du kannst einen Alltime-Classic in deinen
Händen halten, aber nicht jeder merkt es, bevor eine
gewisse Zeit vergeht. Egal was die Leute sagen,
vielleicht muss man bei «Nostradamus» weitere zehn Jahre
warten, bis man von einem grossen Album spricht..., wenn
man will. (Dann nimmt KK eines der zahlreichen, für das
anstehende Meet & Greet auf dem Tisch liegenden Limited
Books in die Hand und fährt fort...) - Was wir hier
haben, verdient die Bezeichnung Musikgeschichte. Für
eine Band, die in der Gegenwart so was machen kann...,
in den 70ern wäre das womöglich langweilig gewesen oder
auch in der Zukunft. Wir haben die Scheibe jetzt
gemacht..., in einer Zeit, wo der Metal sehr aggressiv
geworden ist (streckt mir das CD-Book entgegen), so
hoffe ich zumindest, sprechen wir alle Generationen an,
die mit uns gegangen sind. Wenn ich das auf diese Weise
sage, dann meine ich, dass wir weltweit Fans haben
(hatten), seien es Teens, in den 20ern, 30ern, 40ern,
50ern und sogar einige in den 60ern (altersmässig).
Weiter musst du sehen, dass wenn du ein neues Album
machst, die meisten Fans, wohin du auf der Welt auch
hinkommst, die wollen einfach ein neues Album der Band
die sie mögen und das ist auch ok. Wir denken,
(«Nostradamus») hält quer durch das ganze Spektrum für
jeden was bereit. Heute Abend zum Beispiel..., spielen
wir Songs aus vier Dekaden! Aus den 70ern, 80ern, 90ern,
2000 und bald 2010. Darum schaut, hört und lernt!
MF: «Nostradamus» benötigt einige Durchläufe, damit
alle Details zum Vorschein kommen. Welches ist oder
welche sind deine Lieblings-Parts und warum?
KK: Die gibt es nicht! Ich meine, es ist ein
Konzeptalbum, das Kontinuität besitzt. Es kann sein,
dass die Fans welche Präferenzen haben, aber du musst
dir vorstellen dich hinzusetzen und ein gutes Buch zu
lesen. Die Leute können sich ja auch hinsetzen und einen
guten Film anschauen, also warum nicht auch ein gutes
Album anhören?!!
MF: Hast du deine Soli und Riffs zusammen mit Glenn
aufgenommen oder getrennt von ihm?
KK: Also eigentlich war es eine Kombination von Beidem.
Gut, wir haben ja zu Hause gewisse Studio-Einrichtungen,
um gleich etwelche Ideen festzuhalten. Aber es ist
besser, wenn man an einem Ort konzentriert arbeitet,
gerade bei den Soli. Es ist immer am besten dann
aufzunehmen, wenn man in guter Stimmung ist Gitarre zu
spielen.
MF: Wird es eines Tages eine komplette Performance
des neuen Materials geben?
KK: Aus der Sicht von Judas Priest denken wir, dass die
Sache erfolgreich genug wäre. Wir haben viele Ideen und
die Leute wissen ja, was sie musikalisch erwartet, aber
das Ganze in eine theatralische Form zu bringen und dass
wir das als Heavy Metal Band so spielen..., und dann
liegt es nahe, dass Rob die Rolle des Nostradamus inne
hätte und auch singen muss. Uns kommen viele Sachen in
den Sinn, wieauch Illusionen, grosse Effekte, Böller und
so weiter. Wir würden das gerne machen..., es wäre 'ne
grosse Sache..., ich denke es wäre mal was anderes als
nur an ein Konzert oder Festivals zu gehen. Man wird so
Teil des Geschehnisse und nimmt dazu vielleicht gleich
die ganze Familie mit.
MF: Eigentlich sind zur Zeit viele bekannte und
berühmte Metal Bands auf Tournee. Ist das das letzte
Aufbäumen vor dem möglichen Rückzug auf's Altenteil!
KK: Mhh..., das würde ich so nicht sagen. Gut, wenn ich
in die Zukunft schauen, dann respektiere ich das. Aber
jetzt ist alles frisch und unsere neue Scheibe gerade
mal eine Woche draussen. Und wir zusammen..., für den
Rest dieses Jahres und auch noch im nächsten Jahr sind
wir unterwegs wie heute Abend, haben Spass und verkünden
«The Priest is back!» Dazu spielen wir viele Songs die
die Leute hören wollen und wir freuen uns an diesem
Punkt sehr über diese Situation. Wir werden an
speziellen Orten spielen..., das wird uns wiegesagt noch
das ganze Jahr und nächstes Jahr begleiten. Was danach
ist, kann ich noch nicht sagen.
MF: In Anbetracht des kommenden Herbstes wirst du
deinen 57. Geburtstag feiern können.
KK: Ja!
MF: Heisst das für dich bald zu alt für Heavy Metal
zu sein?
KK: Nein! Dazu ist man nie zu alt! Es ist ein Glück für
mich, dass ich, noch bevor ich Gitarre spielte, ein Teil
davon war. Das schürte mein Interesse am Heavy Metal
stark weiter. Wer das nicht kennt, geht halt einen
anderen Weg, macht Karriere, was auch immer. Was mich
angeht im Sinne eines Lebenswerkes, werde ich das noch
so lange tun, wie Neues und Frisches auf mich zukommt.
Im Zeitalter des Internets ist es für kommende
Superstars enorm schwierig geworden, wirklich kreativ zu
sein. Die neuen Metallica, die neuen Iron Maiden, die
neuen Van Halen..., das geht hin bis zum neuen Jimi
Hendrix! Weisst du..., was da der Industrie zugestossen
ist..., gleichzeitig bei alteingesessenen Bands wie wir
eine sind, kommt es darauf an, dass wir so weiter
machen. Ich denke Judas Priest..., wir waren schon immer
vielseitig..., mit Risiken und Chancen. Ich vermute
jetzt mal, dass wir die Fahne des Metals hoch halten und
wenn wir die Hindernisse aus dem Weg räumen, sind wir
alle die wahren Priester des Metal!
MF: Am nächsten Samstag werdet ihr in Deutschland am
BYH!!!-Festival auftreten. Habt ihr für dieses wichtige
Konzert (wir rufen dazu das Jahr 2002 mit Halford in
Erinnerung!) eine spezielle Setliste vorgesehen?
KK: Samstag?

MF: Ja...
KK: Sind wir am Freitag beim Graspop (Belgien) und am
Samstag in Balingen?
MF: Liege ich etwa falsch?
KK: Nein, nein.., vielleicht haste Recht! (Dann kam ein
Tour-Mitarbeiter rein und klärte die Sache auf) - Ganz
schön anstrengend! Wir hatten bisher kaum die
Gelegenheit, mal ein Badzimmer aufsuchen... (lacht laut)
- Nein..., also wir haben für dieses Festival keine
andere Setlist. Wir spielten grosse Konzerte und fühlen
uns gut mit dem, was wir gerade tun. Eine Nacht stiegen
wir in Spanien erst um 1.00 Uhr auf die Bühne und gleich
danach in Holland mittags um 18:30 Uhr wegen der EM. Da
war so ein Mischmasch an Leuten, dass man kaum an einen
ruhigen Ort gelangen konnte.
MF: Ich frage dies, weil Rob 2002, damals mit der
Band Halford nicht überzeugen konnte.
KK: Ok..., ja..., für mich ist Halford «der Halford» bei
Priest und du wirst heute Abend sehen, wie er
kommunizieren wird.
MF: 2008, wenn man alle Aktivitäten in der ganzen
Musik-Szene anschaut, ist der Zuspruch unglaublich! Was
denkst du: Wie lange wird das noch so weiter anhalten?
KK: Also ich denke, wenn ich eine Prophezeiung abgeben
soll, dann bin ich zuversichtlich, dass diese Arbeit,
die wir hier gemeinsam gemacht haben, einen langen Atem
haben wird. Dann die fortwährende Unterstützung unserer
Fans, die eine tolle Show sehen werden, wenn sie an
einen Priest-Gig kommen!
MF: Die berühmten letzten Worte an alle Schweizer
Judas Priest Fans lauten...?
KK: Oh..., ja..., ähmm..., ich weiss nicht, ob wir noch
mehr Shows in der Schweiz spielen, aber wir planen für
eine ausgedehntere Tour nach Europa zurück zu kommen.
Die wird gegen Ende dieses Jahres sein und etwas, dass
wir tun müssen..., in allen grossen Städten und an Orten
zu spielen, wo wir schon lange nicht mehr waren. Ich
weiss, dass es toll ist, auf all diesen Festivals zu
spielen, wo die Leute zu uns kommen, aber gleichzeitig
bracht man auch ein gutes Package, um damit zu den Fans
zu kommen. Also an alle Schweizer Fans: Habt Geduld, wir
werden sobald es geht, in eurer Stadt auftreten.
MF: Vielen Dank KK!
KK: Ich danke dir!
|
|
|