„Also ursprünglich war einfach ein weiteres
Live-Album geplant“, diese Aussage stammt von Oliver
Palotai, seines Zeichens Keyboarder von Doro, Sons Of
Seasons und Kamelot. Er nimmt damit Stellung auf die
Vorwürfe, die sich Kamelot mit ihrer Scheibe „Ghost
Opera – The second coming“ anhören mussten. Anlass für
dieses Gespräch war das bereits zweite Konzert im Zuge
des Ghost Opera-Albums, welches Kamelot in Pratteln
gespielt haben. Und weil es gerade nicht über eine neue
Scheibe zu berichten gab, fragte ich den sympathischen
Deutsch-Ungarn über die Live-Aktivitäten von Kamelot
aus.
MF: Hallo Oliver. Wie geht’s soweit?
Oliver: Super, das war bisher eine sehr erfolgreiche
Tour. Wir spielen ja an ziemlich ausgewählten
Konzert-Orten über Europa verteilt. Es ist eine relativ
kurze Tour, aber bis jetzt läuft es super und wir freuen
uns natürlich tierisch auf das Z7, weil das so ein
Bisschen ein Musiker-Paradies ist. Es gibt immer super
Essen, Backstage ist toll und natürlich sind die Leute
immer gut drauf.
MF: Kanntest du das Z7 bereits, bevor du bei Kamelot
eingestiegen bist?
Oliver: Ich glaube ich habe hier sicher schon über 20
mal gespielt; also mit Doro, mit Blaze Bayley, mit
Circle II Circle. Mit Uli Jon Roth weiss ich gar nicht,
ob wir hier waren, mit natürlich Kamelot. Das Z7 ist so
eine zweite Heimat für mich.
MF: In diesem Falle herzliche Gratulation dazu.
Oliver: Danke.
MF: Die Ganze Tour zum Ghost Opera Album dauert ja
bereits seit zwei, drei Jahren.
Oliver: Ja, in etwa so zwei Jahre bisher.
MF: Was ist der Grund dafür? Gab es einfach immer
genügend Anfragen dazu?
Oliver: Ja, wie man sieht, sind auf der Tour immer fast
alle Konzerte ausverkauft. Es wird aber jetzt Zeit für
ein neues Album, und zwar sobald dieser Runde
abgeschlossen sein wird. Dann gehen wir ans neue Album
ran. 2010 kommt dann die nächste Konzertrunde mit dem
neuen Album. Es waren also immense Konzerte-Anfragen da
und es ist und war sehr, sehr erfolgreich. Und darüber
freuen wir uns natürlich tierisch.
MF: Sind fürs neue Album bereits neue Ideen zusammen
oder schreibt ihr die erst noch?
Oliver: Also man sammelt natürlich über die ganze Zeit
und deshalb sind schon einige Ideen im Hinterkopf und
teilweise auch schon Sachen aufgenommen. Der eigentliche
Aufnahmeprozess beginnt jetzt nach dieser Tour bzw. nach
den Festivals.
MF: Also erst nach den Sommerfestivals?
Oliver: Genau.
MF: Ihr habt bis jetzt drei Live-Alben draussen; also
„Live Expedition“, „One Cold Winters Night“ und die
„Live in Belgrad“. Du hast bei den letzten zwei
mitgespielt, denke ich?
Oliver: Ja schon.
MF: Wie war das so? Hast du da spezielle Erinnerungen
an diese Liveaufnahmen oder waren das eher gewöhnlich
Shows?
Oliver: Also eigentlich nicht. Es ist jetzt nicht so,
dass sich die Konzerte, die jetzt aufgenommen werden, in
irgendeiner Form grossartig von den anderen
unterscheiden. Serbien, also Belgrad, war einfach ein
super Konzert. Es ist jedes Mal dort der Hammer. Und in
Oslo, also in Norwegen, sind Kamelot mittlerweile auch
sehr gross. Da haben wir einfach grundsätzlich immer
sehr geile Konzerte. Und das war bezüglich der
Live-Aufnahmen genau so.
MF: Die Live in Belgrad kam ja später als Teil der
neu aufgelegten Ghost Opera-Scheibe unter dem Titel „Ghost
Opera – The second coming“ raus. War das mehr so ein
Ding, um die Ghost Opera am Laufen zu halten und die
Tour zu unterstützen?
Oliver: Nein, eigentlich nicht. Also ursprünglich war
einfach ein weiteres Live-Album geplant. Und dann gab es
die Entscheidung, einfach noch die Ghost Opera dazu zu
packen, für die Leute die sie noch nicht haben. Wie
gesagt, sollte es ursprünglich einfach ein Live-Album
von der Ghost-Opera-Tour werden. Jetzt ist es aber so,
dass dadurch, das das gleiche Titelbild verwendet wurde
und es auch „Ghost Opera – The Second Coming“ heisst,
immer wieder die Vermutung aufkam, dass wir mit einer
Neuauflage mehr Geld machen wollten. Aber wie gesagt,
ist es eigentlich das Live-Album inklusive der Ghost
Opera-Scheibe. Das ist vielleicht vermarktungstechnisch
nicht so gelungen, wie es vielleicht hätte sein sollen
(lacht).
MF: Das vor allem auch, weil die Ghost Opera darauf
auch die CD Nr. 1 ist.
Oliver: Ja genau. Denn eigentlich hätte man es anders
rum machen sollen. Und das wäre vielleicht ein Bisschen
geschickter gewesen. Naja, das sind manchmal aber auch
Entscheidungen, bei denen wir als Musiker gar nicht
mitreden können. Die meisten vermarktungstechnischen
Sachen gehen von anderen Instanzen aus.
MF: Wünschtet ihr euch, dass ihr da mehr
Mitspracherecht hättet.
Oliver: Das ist schwierig zu beantworten, weil man es so
pauschal gar nicht sagen kann. Das kenne ich auch von
anderen Labels und zum Beispiel auch von meiner eigenen
Band Sons of Seasons. Das ist immer so ein Abwägen. Denn
einerseits hat eine Plattenfirma immer ein grosses
Risiko finanzieller Natur und die versuchen natürlich
marketingstrategische Entscheidungen zu treffen. Die
Band sieht dabei natürlich immer das künstlerische und
hat mehr die Fans im Auge. Man muss sich dann meistens
in der Mitte treffen, weil es doch irgendwo immer ein
Geben und Nehmen ist.
MF: Spannend finde ich, dass auf Live In Belgrad auch
viele Songs vom neuen Album dabei sind, weil sich die
Live-Versionen für mich irgendwie von den
Studioversionen unterscheiden.

Oliver: Wie meinst du das?
MF: Das ist schwierig zu sagen. Mir ist nur
aufgefallen, dass ich mit den Ghost Opera Songs auf dem
Studio-Album Mühe hatte, während mir dieselben Songs
Live sehr gefallen.
Oliver: Ja, stimmt. Den Effekt gibt es einfach manchmal.
Also dass ein Song Live besser funktioniert als im
Studio. Ich kann es jetzt selbst nicht pauschal über
Ghost Opera sagen, aber ich kenne das auch von anderen
Bands her. Da hört man das dann zum ersten Mal auf dem
Konzert und denkt sich, was das für ein Hammer ist und
hat es auf der CD vielleicht immer übersprungen.
MF: Gab es bei dir auch schon das umgekehrte? Also
dass du eine Band wegen eines bestimmten Songs schauen
gegangen bist, und dann gemerkt hast, dass das Lied Live
nicht so wie erwartet knallt?
Oliver: Absolut. Das liegt auch daran, dass heute
einfach alles im Studio möglich ist. Man kann aus einer
mittelmässigen Band, die aus mittelmässigen Musikern
besteht eine gute Band machen. Vor allem wenn im
Hintergrund bestimmte Produzenten oder auch
Studiomusiker stehen und teilweise gar nicht die Band
selbst spielt. Aber wenn die Jungs dann rausgehen und
man die Jungs plötzlich Live hört… Also ich hatte da
schon einige Enttäuschungen. Ich möchte da jetzt keine
Namen nennen. Aber dadurch das ich selbst auch
produziere, im Studio arbeite und orchestriere, weis ich
was möglich ist und tja…. Also es kommt schon vor.
MF: Gewisse Bands überspielen das ja damit, dass sie
einfach gewisse Spuren wieder Live einspielen. Okay, bei
den Orchestertracks macht das auch Sinn…
Oliver: Ja gut, aber das ist dann natürlich wieder ein
anderes Thema, vor allem wenn du einen sehr orchestralen
Sound hast. Und ein richtiges Orchester können sich die
allerwenigsten Bands Live leisten. Und da habe ich
eigentlich weniger Probleme damit, weil es ansonsten gar
nicht möglich wäre, diesen Sound Live zu reproduzieren.
Dies ist auf den CDs wiederum möglich, weil man da ganz
andere Möglichkeiten hat. Man müsste dann Live zehn
Keyboarder hinstellen, oder zumindest ein grösseres
Kammerorchester. Aber dann würden sich die Ticketpreise
wahrscheinlich vervierfachen.
MF: Doro hat das ja mal auf einer Tour mit einem
kleinen Orchester versucht. Aber das war wahrscheinlich
auch extrem teuer.
Oliver: Ja, das habe ich auch arrangiert. Dadurch dass
ich für Symphony-Orchester schreibe, habe ich für Doro
auch ein Teil der Platte für das Orchester geschrieben
und auch mit dem Orchester zusammen gearbeitet. Das war
halt so eine spezielle Orchester-Tour. Einmalig kann man
das machen, so als Special-Event. Aber dann längere
Touren oder das jedes Mal zu machen, das kannst du
völlig knicken. Das kostet zu viel Geld.
MF: Legt man da unter Umständen sogar drauf?
Oliver: Ja, sehr oft sogar. Bei Doro haben wir dann oft
auch gemerkt, dass im Grunde genommen die gleichen Leute
gekommen sind, welche auch zu den ganz normalen
Doro-Konzerten kommen. Das heisst, dass das zwar
interessant und was ganz anderes war, aber das man jetzt
deswegen nicht mehr Geld verdient hat. Diese
Mehreinnahmen hätte man aber eigentlich gebraucht, um
das Orchester zu zahlen. Und so läuft es dann….
MF: Wie viel kommt den bei Kamelot live? Sind einfach
die Orchester-Teil ab Band?
Oliver: Nein, also ich reproduziere an den Keyboards
fast alles, weil ich dafür auch die ganze Zeit am
Arbeiten bin. Ich habe ständig zwei grosse Workstations.
Und man darf auch nicht vergessen, dass zum Beispiel
auch auf Platte bestimmte Sounds als Samples eingespielt
werden. Die Orchester-Sachen spiele ich aber z.B.
komplett Live, das geht auch mit 10 Fingern (lacht).
Aber so bestimmte Sounds, werden dann gesampelt. Das
sind dann auch die bereits im Studio gesampelten Sounds.
Aber da kannst du mal genau hinkucken wenn ich spiele,
das wird alles so gespielt, wenn auch nicht komplett. Es
gibt bestimmte Arpegion, ich weiss nicht ob dir das
jetzt was sagt, die dann eben von den Sequenzen kommt.
MF: Es gibt also viel Arbeit für dich auf der Bühne.
Oliver: Ja, es ist sehr viel Arbeit für mich. Vor allem
am Anfang, als ich neu bei der Band war, bin ich ganz
schön ins Schwitzen gekommen. So viel zu tun auf der
Bühne, hatte ich eigentlich noch nie.
MF: Hast du die Band auch durch deine Arrangierungen
kennen gelernt?
Oliver: Nein, das ging anders. Die haben damals einen
Keyboarder für die Black Halo-Tour gesucht, und da habe
ich das Angebot bekommen. Die Musik hat mich sehr
interessiert, und dass dieser Sound eine Herausforderung
für mich darstellte. Und so kam der Kontakt zustande und
ein halbes Jahr später war ich dann Bandmitglied.
MF: Es ist jetzt aber nicht so, dass dich Kamelot so
weit ausfüllt, dass du deiner Band und deinen
Nebenprojekte nicht mehr nachgehen kannst?
Oliver: Nein, ich hätte auch gar nicht die… Ich muss
viele Sachen nebenher machen. Wie gesagt produziere ich
Bands, bin als Studio- und Livemusiker unterwegs, ich
unterrichte auch sehr gerne, habe meine eigene Band,
spiele bei Doro. Das muss ich schlicht auch alles
machen, um meine Rechnungen bezahlen zu können.
MF: Du spielst ja auch Gitarre.
Oliver: Ja, ich spiele auch Gitarre. Allerdings nicht
bei Kamelot. Dazu bräuchte ich nochmals zwei Arme.
MF: Aber für das wirst du dann wieder bei Doro
gebraucht?
Oliver: Genau. Bei vielen Bands mache ich so einen Mix
und springe zwischen Gitarre und Keyboarder so hin und
her. Aber bei Kamelot geht das wegen den dichten
Orchester-Arrangements nicht.
MF: Dein Name lässt vermuten, dass du griechische
Wurzeln hast?
Oliver: (Schaut mit erstaunt an)
MF: Also nicht?
Oliver: Nein, ungarische. Meine zweite Muttersprache ist
ungarisch, mein Vater ist Ungar. Das ist ein komplett
ungarischer Name (lacht).
MF: Palotai ist also ungarisch?
Oliver: Ja, ungarisch.
MF: Sorry dafür.
Oliver: Nein ist gut. Andere haben auch schon
thailändisch oder italienisch vermutet. Das ist ja auch
nicht offensichtlich.
MF: Ich habe von Delain gehört, dass ihr diese selber
als Vorband ausgesucht habt. Warst du bei der Auswahl
dabei?
Oliver: Nein, da war ich nicht dabei. Das ist eine
Management-Interne Sache und die beruht auf ganz
verschiedenen Grundlagen. Das hat jetzt nicht nur was
mit der Musik zu tun. Es gibt sehr viele verschiedene
Gründe, warum man eine Band mit auf Tour nimmt, und das
die Auswahl letztlich auf diese Band fällt. Aber ich
hatte damit nichts zu tun.
MF: Serenity sind ja jetzt ausgefallen, weil der
Sänger gesundheitliche Probleme hatte.
Oliver: Ja, das ist ganz schade. Der Georg Neuhaus, der
Sänger, hat eine Mittelohrenentzündung und sein Arzt hat
ihm gesagt, dass er einen Komplettverlust seines Gehöres
riskieren würde, wenn er die Tour weiterfährt. Für
Serenity ist es ganz, ganz hart, weil die Tour für sie
eigentlich sehr gut verlaufen ist. Sie sind beim
Publikum sehr gut angekommen. Und ich weis aus eigener
Erfahrung, wie hart es ist. Finanziell ist es für eine
Band sehr schwer zu tragen, wenn die so eine Tour
abbrechen müssen. Das tut mir saumässig Leid für die.
MF: Dieses Interview ist auch für eine Live-Sendung.
Was ist dir besonders wichtig, wenn du auf der Bühne
bist?
Oliver: Dass dieser Energiefluss zwischen Band und
Publikum stimmt. Vielleicht denken einige Fans, dass es
nicht so ausgeprägt ist. Aber es macht unglaublich viel
aus, ob ein Publikum gut ist oder ob es einfach nur da
steht und wir sozusagen nur für uns selber spielen. Also
wenn wir vom Publikum das zurück kriegen, was wir ihm
geben, dann heizt es uns wiederum an. Das ist wirklich
eine Sache der ständigen Kommunikation zwischen Publikum
und Musikern. Und das ist mir das allerwichtigste.
MF: Wie viel sollte denn Show sein, und wie sehr soll
man sich aufs perfekte Spielen konzentrieren?

Oliver: Das fliesst ineinander über, würde ich sagen. Es
gibt natürlich immer wieder Passagen, wo ich mich
sozusagen in meine Blase auf der Bühne zurückziehen und
mich wirklich voll auf bestimme Stellen konzentrieren
muss. Aber nach so vielen Jahren geht natürlich auch
vieles automatisch. Man probt ja auch viel vor so einer
Tour. Deswegen kriege ich schon sehr viel mit von der
Show.
MF: Ihr habt ja einen norwegischen Sänger und der
Rest ausser dir kommt aus Amerika. Wo probt ihr?
Oliver: Wir sind also eine deutsch-ungarisch-,
norwegisch- und amerikanische-Band. Wir sind also eine
Art Multi-Kulti-Band. Wir proben in den USA, in Norwegen
und in Deutschland. Es kommt drauf an, wo wir jeweils
touren oder aufnehmen.
MF: Probt ihr alle zusammen an einem Ort oder per
Internet und Kamera an verschiedenen Orten?
Oliver: Wir proben immer zusammen, denn das mit der
Kamera funktioniert nicht.
MF: Gibt es noch etwas, was du deinen Fans sagen
möchtest?
Oliver: Ich kann eigentlich nur sagen, dass ich es
unglaublich wichtig finde, dass man sich nicht in eine
Art Schubladendenken verfährt. Dass man einfach die
Augen und die Ohren für alle möglichen Einflüsse offen
hält, dass man Musik nicht kategorisiert und auch in der
Musik Toleranz zeigt. Das ist für mich immer unglaublich
wichtig. Und auf diese Weise entdeckt man einfach
ständig Neues.
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