Es gibt in der Rock-/Metalszene einfach Bands, die jeder kennen
muss. Dazu gehören definitiv Motörhead, die Band um Frontwarze Lemmy
Kilmister. Doch nicht nur Lemmy, das einzige Urmitglied, sollte
jedem Headbanger ein Begriff sein, sondern auch seine aktuellen und
schon langjährigen Mitstreiter Phil Campbell (git.) und Mikkey Dee (drums)
sollte jeder Stromgitarrenfanatiker kennen. Letzteren, Mikkey (MD),
traf Metalfactory vor dem Gig im Zürcher Volkshaus, um mit dem
Trommelmonster über Lordi, Fussball und natürlich die neue, am 29.
August erscheinende Scheibe „Kiss of Death“ zu quatschen.
MD: Hoffentlich wird es heute Abend eine gute Show. Ich kann mich
gar nicht mehr erinnern, wann wir das letzte Mal in der Schweiz
gespielt haben. Vor zwei oder drei Jahren denke ich… es ist
jedenfalls schon zu lange her.
(Darauf setzt sich Mikkey und steckt sich eine Portion Kautabak
in den Mundwinkel, was man auch auf meinem Tonband hören kann, da
sich ab dann die Deutlichkeit extrem verschlechtert - der Verf.)
MF: Wie geht es dir und wie läuft die Tour?
MD: Mir geht es gut, die Tour läuft gut! Nächste Frage! (nach kurzem
Schweigen beginnt er heiser zu lachen…) Nein nein, ich spasse nur.
Ich bin ein wenig müde von der langen Fahrt im Tourbus. Wir kommen
direkt aus Mailand und ich hab gehört, es seien irgendwelche Steine
auf die Strasse gefallen, und so mussten wir einen Umweg machen, was
bedeutete, dass wir sehr früh losmussten. (Mikkey redet von
Steinbröcken die auf die Autobahn A1 in der Nähe des Gotthards
abbrachen und die Strasse versperrten - der Verf.) Und eigentlich
kann man die Konzerte, die wir momentan absolvieren nicht wirklich
als eine Tour bezeichnen, es sind ja nur ein paar Festivalgigs plus
eine Hand voll Clubgigs.
MF: Motörhead gehören zu den am strengsten tourenden Bands des
ganzen Rockzirkus.
MD: Genau. Du hast vollkommen Recht! (Wieder heiseres Gelächter)
MF: Worauf ich hinaus wollte: Bleibt da noch Zeit für andere
Projekte?
MD: Nein, definitiv nein! Die Leute fragen mich immer wieder: „Wann
kommt deine Soloscheibe raus?“ Ich war nämlich mal dumm genug zu
erwähnen, dass ich ein paar Ideen habe, aber es ist weiter weg, als
damals, als ich es erwähnte. Wenn ich etwas mache, dann muss es
wirklich gut sein. Ich will nicht einfach etwas veröffentlichen, nur
weil ich einen Solo-Deal bekommen könnte, um dann zu versagen. Ich
habe schon Ideen, aber wir bewegen uns langsam voran.
MF: Was für Ideen?
MD: Das würde jetzt zu viel Zeit in Anspruch nehmen, frag mich, wenn
du mich das nächste Mal interviewst, dann quatschen wir nur über
das.
MF: Hast du dir den Eurovision Songcontest angesehen?
MD: Ich ein bisschen geschaut. Die Performance von Lordi hab ich
gesehen. Ich war selber mal darin verwickelt, ein paar Jahre zurück,
in 2004. Bei dem schwedischen Beitrag, bei meinem Kumpel E-Type
(Schwedischer Rapper/Dance Künstler – der Verf.). Es war eigentlich
ein Witz, aber es war wirklich amüsant. Wir trafen Lordi vor einigen
Jahren an einem Festival in Finnland. Ich kann mich nicht mehr daran
erinnern, dass sie so verkleidet waren… „Hard Rock Hallelujah“ ist
aber ein wirklich guter Song.
MF: Nächstes Jahr Motörhead für England?
MD: Nein, nein, nein… So was würden wir niemals machen. (Sprachs
und wirft einen gerade halb verspeisten Schokokuss Richtung
Mülleimer und trifft beinahe…)
MF: A propos TV: Ich habe gelesen, dass du ein leidenschaftlicher
Fussballfan bist. Freust du dich schon auf die WM?
MD: „Abso-fucking-lutely“! Ich kann es nicht erwarten, verdammt, ich
kann es nicht erwarten!
MF: Welches Team wirst du unterstützen? Dein Heimatland Schweden
oder deine Wahlheimat England?
MD: Ich bin Schwede! Natürlich bin ich für Schweden! Ich hasse das
verdammte England! Ich werde wohl zur Partie Schweden gegen England
nach Köln gehen, wenn ich noch Tickets kriegen kann. Da werde ich
dann meinen Sohn mitnehmen. Nein! Ich hasse England. Die haben uns
Schweden seit 1969 immer wieder geschlagen. Ich denke wir werden
gewinnen. Die Engländer werden voll absacken.
(Im Nachhinein weiss man natürlich, dass dieses Spiel 2:2
unentschieden endete – der Verf.)
MF: Wettet ihr in der Band?
MD: Nein. Die Anderen sind nicht so versessen wie ich. Phil schaut
eigentlich auch Fussball, aber Lemmy interessiert das überhaupt
nicht.
MF: Kennst du dich auch ein wenig im Schweizer Fussball aus?
MD: Ein bisschen. Ich hab ein paar Spieler aus der Schweiz auf
Eurosport gesehen. Ihr habt doch so einen jungen Typ der bei
Leverkusen spielt. Wie heisst der noch einmal.
MF: Ähm… Jetzt hast mich gerade überrumpelt mit deinem Wissen.
Ich habe keine Ahnung. (nach Recherchen hier die Antwort: Tranquillo
Barnetta wäre gemeint gewesen – der Verf.)
MD. Egal… Soviel ich weiss habt ihr auf jeden Fall sehr gute und
junge Fussballspieler – und auch Eishockey-Spieler.
MF: Weißt du vielleicht noch etwas Anderes über die Schweiz, hast
du irgendwelche Anekdoten parat?
MD: Oh, ich liebe die Schweiz. Es ist eines meiner absoluten
Lieblingsländer Europas. Es erinnert mich ziemlich fest an Schweden.
Ein sehr sauberes und gut organisiertes Land, hahaha. Die Leute sind
sehr freundlich und ich bin immer wieder gerne hier.
MF: Wie unterscheidet sich dein Tourleben heute mit deinem
Tourleben vor 10 oder 15 Jahren?
MD: (Wiederum genehmigt sich der gemütliche Blondschopf eine Ladung
Kautabak…) Eigentlich ist es immer dasselbe, und dann doch wieder
nicht. Touren ist Touren. Es ist lediglich das, was wir lieben, was
wir heute noch mehr lieben, so erscheint es mir. Es gibt aber schon
Unterschiede: Vor 15 Jahren zum Beispiel waren die Kontinente viel
getrennter. Es war immer Europa – Pause – USA – Pause – Südamerika –
Pause – Asien – Pause… usw. Heute greift das alles ineinander. Wir
stressen heute von Washington DC. nach Deutschland und müssen von
Europa auf Südamerika rüberrasen um dann von dort aus nach Kanada zu
fliegen. Aber egal, wir machen es besser als damals. Spielerisch wie
wirtschaftlich. Wir spielen länger und verkaufen mehr Tickets, mehr
Scheiben. Mit dem Erfolg kommt halt auch der Stress.

MF: Eure Scheiben sind gleich ein gutes Stichwort: Die neue
Scheibe! „Kiss of Death“ erscheint am 29. August. Kannst du etwas
Genaueres darüber verraten?
MD: Sie ist klasse! Haha… das sagen natürlich alle. Ernsthaft: Wir
schrieben sie wiederum, wie „Inferno“, in Kalifornien und nahmen sie
auch gleich da auf. Überhaupt verhält sie sich meiner Meinung
ziemlich homogen zu „Inferno“, denn wir arbeiteten mit demselben
Produzenten im selben Studio zusammen. Die Songs sind aber nicht
wirklich wie bei „Inferno“, sie sind melodischer ausgefallen. Es ist
ein besseres Album. Und vertrau mir: Wir sagen nicht bei jedem
Album: „Das ist das beste Album ever.“ Das sagen wir nicht bei jeder
verdammten Scheibe. Und „Kiss of Death“ ist nun mal ein extrem
starkes Album geworden. „Inferno“ war schon das beste
Motörhead-Album seit vielen, vielen Jahren, aber „Kiss of Death“
toppt das Ganze noch einmal, da es einfach mehr Hammer-Songs zu
bieten hat.
MF: Ein weitere Vergleich-Frage: Wo liegen die Unterschiede in
der Zusammenarbeit mit Lemmy und Phil und King Diamond? (Mikkey Dee
unterstützte den King auf Klassikern wie „Abigail“ oder „Them“ in
den 80ern – der Verf.)
MD: Oh Gott! Ich weiss nicht recht. Diese beiden Bands sind
Lichtjahre von einander entfernt und doch sind sie sich irgendwie
nahe. In beiden Bands entschieden wir alle selber, was wir machen
wollten oder wollen und das haben wir gut gemacht wie es aussieht,
denn der King ist immer noch aktuell so wie auch Motörhead immer
noch da sind. Genau das ist es, was mir auch Spass am „Arbeiten“
macht: King Diamond war eine Band von Freunden, die zusammen
abhingen, und auch Motörhead sind einfach drei Kumpels, die zusammen
das machen, was sie lieben: Musik. Geld ist nicht der Grund dafür,
warum wir das tun. Natürlich, Geld ist gut, es ist sogar grossartig,
aber solange du Geld als Bonus ansehen kannst und nicht als
treibende Kraft, solange macht es Spass und es ist ok. Das ist der
Vergleich, den ich ziehen kann, denn beide Bands funktionieren so.
Niemand verdient massig Kohle, aber den Fans gefällt’s.
MF: Und Unterschiede?
MD: Ich schreibe wirklich Songs bei Motörhead. Bei King Diamond
arrangierte ich hauptsächlich. Ich schrieb zwar schon ein paar
Sachen aber ich glaube, das wurde nie in den Credits erwähnt…
MF: Bist du ein CD-Sammler? Kaufst du viele CDs?
MD: Nie, denn ich bekomme alle umsonst.
MF: Gibt es junge, neue Bands, die du der absolute Hammer
findest?
MD: Ich komm leider gar nicht dazu, mich wirklich mit neuen Sachen
zu beschäftigen, da wir ja so viel Touren. Wenn wir auf Tour sind,
dann höre ich allerhöchstens angenehmen Sound, den ich schon ganz
lange und gut kenne. Neue Bands und Sounds zu entdecken ist mir dann
absolut zu anstrengend. Dazu kommt noch, dass man dann und auch im
Studio natürlich total in der eigenen Musik drinsteckt und sich so
nur schwer für Unbekanntes öffnen kann. So finde ich es unfair, wenn
ich neue Musik bewerten würde.
MF: So: Nun die letzte Frage, eine Frage, die euch sicherlich
schon des Öfteren gestellt wurde: Was sollen die Ö-Punkte in eurem
Namen?
MD: Genau das! Es geht darum, dass es erwähnt wird. Die Leute, die
Motörhead nicht kennen, sollen den Namen sehen und sich fragen, was
denn das soll und so denken sie daran und vergessen uns nicht so
schnell. Es ist ein kleiner Verkaufstrick, denke ich. Ich war ja
noch nicht in der Band als Lemmy den Namen erfand, aber das ist es,
was er selbst sagt. Es kann natürlich auch etwas Anderes, vollkommen
Banales sein, das ist bei Lemmy immer möglich. Aber am Ende sind es
nur Punkte und Motörhead mit „Ö“ sieht einfach besser aus als ohne.
MF: Danke vielmal, das wärs dann…
MD: Was? Das wars schon? Hat Spass gemacht mit dir zu sprechen.
Geniess die Show und hoffentlich sehen wir uns ein anderes Mal
wieder.
MF: Das hoffe ich auch. Viel Erfolg mit der Show.
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