Michael
Schenker, Vorbild tausender von Gitarristen und immer noch einer der begnadetsten
Saitendehner auf Gottes Erde. Unsterblich geworden durch seine Soli bei UFO und Songs wie
"Doctor doctor", "Rock bottom" oder "Into the arena". Er hat
mit Grössen wie Phil Mogg, Cozy Powell, Gary Barden, Robin McAuley, Mike Varney und
vielen mehr gezockt und war Gründungsmitglied bei den Scorpions. Grund genug, Mr.
Schenker nach einem gelungenen Gig im Alpenrock in Kloten um eine Audienz zu bitten. Nach
einer kurzen Wartezeit wurden wir dann an der Bar abgeholt und zum Tourbus geführt, wo
uns der Tourmanager in Empfang nahm und mit den Worten "Just fifteen Minutes"
zum Eingang des Busses führte. Im Innern erwartete meine Fotografin und mich dann ein
relaxter, gut aufgelegter Michael Schenker, der meine Fragen sehr ausführlich
beantwortete. 
MF: Michael, das letzte Mal, als ich mit dir gesprochen habe, war so um 1993.
MS: 1993 mit den Scorpions?
MF: Nein, Unplugged in Zürich!
MS: War das mit McAuley?
MF: Ja genau! Im Mascot in Zürich...
MS: Dann war das wahrscheinlich 1991 auf der Akustik-Tour.
MF: Wie verlief die diesjährige USA-Tour für dich, zufrieden stellend?
MS: Ja, die kommen alle jetzt wieder aus den Wäldern. Nach all den Jahren des Grunge und
so, sind die Leute wieder hungrig geworden nach Rock. Die Leute, die den Rock mögen,
kommen wieder an Konzerte und das ist auch gut so.
MF: Am 10. Januar wirst du 50 Jahre alt. Wenn du so zurück blickst, bist du
zufrieden mit dem, was du erreicht hast oder würdest du etwas anders machen?
MS: Ich überlasse das dem Universum, was immer der Plan ist. Ich folge meinem Instinkt
und das ist dann im Grunde alles.
MF: Du hattest ja früher die Möglichkeit, bei Grössen wie Aerosmith, Ozzy oder
Whitesnake ein zu steigen. Wieso hast du das damals ausgeschlagen?
MS: Weisst du, für mich ist der Frieden wichtig und übrigens hätte ich bei all den
Bands wie Ozzy und Whitesnake Songs nachspielen müssen, und ich bin kein Nachspieler. Ich
bin jemand, der kreativ tätig ist und eigene Sachen erfindet, in sich rein geht und Ideen
raus holt, das macht mir viel mehr Spass. Der Frieden, der damit kommt, ist sehr wichtig
für mich. In einer bekannten Band zu sein und irgendwas nach zu spielen, ist für mich
sinnlos.
MF: Du lebst ja seit einigen Jahren in den USA...
MS: Ja! 1989 bin ich nach L.A. gezogen, dann 1992 bin ich nach Phoenix gezogen. Ich bin
mir sicher, dass ich da hingeleitet wurde, weil zu dieser Zeit habe ich meine eigene
Company gegründet und Phoenix war dafür genau der richtige Ort. In Phoenix kenne ich
auch sehr wenige Leute, da hab' ich meinen Frieden. Das waren auch zwölf sehr
interessante Jahre, aber ich werde vermutlich wieder nach Europa zurück kehren.
MF: Hast du eigentlich durch diese weite Distanz noch Kontakt zu deinen
Geschwistern Barbara und Rudolf?
MS: Wir haben ja über das Internet Kontakt, Rudolf telefoniert lieber, ich mach' das mehr
über Fax und E-Mails und Barbara macht beides. Weisst du, meine Mutter lebt alleine und
da hab' ich mir eines Tages gesagt, immer wenn ich was zu berichten habe, dann werd' ich
nicht direkt Barbara oder meinen Bruder Rudolf ansprechen, sondern meine Mutter. So dass
sie im Mittelpunkt steht und dann eigentlich alle drei meine Mutter gewissermassen als
Zentrale betrachten, die dann die Nachrichten weiter leitet. 
MF: Macht Barbara eigentlich noch Musik?
MS: Ich glaube, sie macht jetzt wieder was mit Viva.
MF: Oh toll, das war ja auch das Letzte, was man damals von ihr gehört hat.
MS: Das Letzte was sie gemacht hat, sie gab ihrem Vogel Gesangsunterricht (grosses
Gelächter im Bus) - Wie heisst der gleich noch, ach ja Sammy. Sie hat dann zusammen mit
Sammy "God save the Queen" aufgenommen und hat der Queen eine Kopie des Songs
geschickt. Als die Queen dann ihr 50-jähriges (Thronjubiläum) feierte, war Barbara auch
dort und die Queen hat sie dort erkannt, ist zu ihr rüber gegangen und hat sich bei
Barbara bedankt.
MF: Ha ha, tolle Geschichte..., hast du noch Kontakt zu Gary Barden?
MS: Im Moment nicht, aber ich hoffe, dass ich ihn sehe, wenn ich nach England gehe. Aber
im Allgemeinen nehme ich wenig Kontakt zu ehemaligen Musikkollegen auf. Ich bin ein
spiritueller Typ, und es ist für mich nicht so wichtig, was die Leute aus meiner
Vergangenheit so machen. Für mich ist es am Wichtigsten, kreativ zu sein, im Augenblick
zu leben, anstatt in der Vergangenheit. Mit all den Musikern, mit denen ich zusammen
gespielt habe, das war nur musikalisch basiert. Nicht so: "He Freunde, lasst uns 'ne
Band gründen", sondern: "Hey, du bist ein guter Sänger, lass uns Musik machen.
Ganz anders, als zum Beispiel Klaus und Rudolf (Scorpions), die eine wirkliche
Freundschaft verbindet oder Bands, die schon seit der Schulzeit zusammen sind, Freunde
wurden und zusammen 'ne Band gegründet haben. Das ist eine ganz andere Art, Musik zu
machen. Bei mir ist es so, dass ich einfach kreativ tätig sein möchte und ich kann es
mir nicht leisten, dauernd teure Musiker auf Abruf zu haben. Eine Weile ging das gut, als
der Rock noch grösser dastand, die Anzahl der verkauften Platten noch grösser war. Das
war bei mir in der McAuley-Schenker Group Phase so.
MF: Wie kommst du heute zu deinen Musikern?
MS: Mike Varney besorgt mir die Musiker, die ich brauche. Auch die Jungs, mit denen ich
jetzt zusammen zocke, hat mir Mike vermittelt. Und ich bin mit meiner Band sehr zufrieden,
wir haben jede Menge Spass, so far so good, mal sehen was die Zukunft bringt.
MF: Du hast ja 'ne Weile mit Cozy Powell zusammen gespielt. Kannst du mir was
über den Master of Power Drumming erzählen?
MS: Cozy war 'ne sehr starke Persönlichkeit, wusste immer was er wollte, er war ein sehr
kreativer Kopf und toller Mensch.
MF: Was treibt dich nach all den Jahren noch an, Musik zu machen und auf Tourneen
zu gehen?
MS: Ich bin kreativ und habe 'ne Band, mit der es Spass macht zu spielen und nachwievor
macht es auch Spass, neue Songs zu schreiben.
MF: Wem gehört eigentlich im Moment der Name UFO?
MS: Phil (Mogg) und ich hatten je 50% des Namens UFO. Phil hat mich angerufen und gefragt,
ob er meine 50% zurück haben kann und zu der Zeit hatten wir grad 'ne Tour gemacht, wo
Pete Way (UFO Basser) mir ewig im Wege stand, immer total betrunken war. Da habe ich ohne
grosse rechtliche Schritte Phil den Namen zurück gegeben und das war's.
MF: Kannst du mir was erzählen über das "The Odd Trio" Projekt?
MS: Das "Odd Trio" Projekt war für mich ein Spass-Projekt. Ich wollte mal eine
CD machen, auf der ich alle Instrumente selber spiele. Ich wollte aber nicht, dass alle
wussten, dass ich das bin, sondern dass es aussieht, als ob es verschiedene Leute sind,
die das Album eingespielt haben. Ich hatte 'nen Riesenspass damit, habe mich als
Schlagzeugerin verkleidet und hab' mich Kathy Braun genannt (wieder Gelächter im Bus).
Das Ganze wurde an einem Tag aufgenommen. Ich habe alles produziert, also alles von A-Z
selber gemacht. Und die ersten drei Monate hat das kein Mensch gewusst, was da dahinter
steckt, bis ich das Geheimnis dann gelüftet habe, ha ha!
MF: Wie kam eigentlich Session mit Pattison zustande, das Endless-Jam?
MS: Das war die Idee von Mike Varney! Er hat mich gefragt, ob ich daran interessiert sei
und ich hab ja gesagt. Ich brauchte nur ins Studio zu gehen und Soli zu spielen. Das war
ein Wunsch, den ich immer schon hatte, das macht unheimlich Spass, wenn du nur einfahren
musst, um Soli zu spielen und das war's.
MF: Hast du Leslie West im Studio getroffen?
MS: Nein, der hat ja nur auf zwei Songs gespielt und die hat er ins Studio geschickt.
MF: Am 27.11.04 hast du den letzten MSG-Gig dieser Tournee in Bradford. Damit geht
eine lange Welt-Tournee zu Ende. Heisst das für dich "back to Arizona", Füsse
hochlegen und in Ruhe das Jahr ausklingen lassen?
MS: Nö nö, vom 1. bis am 10. Dezember mach' ich ein Projekt mit Simon Phillips und Billy
Sheehan und ich weiss noch gar nicht, wer der Sänger ist. Und dann vom 14. bis zum 20.
Dezember mach' ich drei Konzerte mit Sigi Schwarz, plus drei Songs, die ich mit ihm im
Studio aufnehmen werde. Und zwischen dem 26. und dem 30. Dezember machen wir "Endless
Jam Two" wieder mit Pattison. Dann, vom 2. bis 11. Januar werden die
Gesangs-Aufnahmen für die neue MSG gemacht. Das 25-jährige Jubiläums-Album, auf dem ich
versuche, alle bisherigen Original MSG Sänger drauf zu packen. Das Ding wird heissen
"Tales of Rock'n'Roll, wird ein Konzept-Album und hört nie auf. Ich hab' da einen
Sänger gefunden übers Internet, dem hab' ich die Songs geschickt mit der Aufgabe, 'ne
Geschichte zu schreiben, und er wird den ganzen Gesang machen und wir werden dann die
einzelnen Gastsänger an passender Stelle einbauen. Die Flüge und das Studio sind
gebucht, Graham Bonnet, Chris Logan, Robin McAuley und Kelly Keeling haben schon zugesagt,
fehlen nur noch der Leif Sundin und Gary Barden, den ich dann hoffentlich im Dezember in
England treffen werde.
MF: Wann kann man mit der Veröffentlichung des Jubi-Albums rechnen?
MS: Tja..., Ende Januar müsste eigentlich alles im Kasten sein, so dass man im März das
Teil in die Läden stellen kann, vorausgesetzt, alles läuft nach Plan.
MF: Da wäre es doch toll, mit einigen ehemaligen Sängern zusammen auf Tour zu
gehen?
MS: Ja, das wäre
der Wahnsinn, alle MSG Sänger zusammen auf einer Bühne! Also, wenn da jemand mehr Geld
hat als er braucht und das Ganze finanziert, das wäre wirklich toll. Na ja, wir werden
sehen.
Nach dem Interview gab's noch ein Foto mit Michael. Inzwischen war die ganze Band
schon an Bord und der Bassist meinte mit breitem Grinsen zu Michael und mir
"Cheees", worauf Michael grinsend erwiderte: "Yeah, a picture for the
Cheese Factory!" (und abermals Gelächter). Nach einer herzlichen Verabschiedung
verliessen meine Fotografin und ich den Bus, der kurz darauf in der Dunkelheit "in
Richtung Wien" verschwand.
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