Es gibt nicht mehr sehr viele Bands on the road, die
ihre Anfänge in den 70ern hatten und immer noch da sind.
Diese Spezies ist klar auf dem absteigenden Ast. Umso
erfreulicher ist dann die Tatsache, dass die
schottischen Rock-Veteranen Nazareth nach wie vor
unterwegs sind, und das (seit 1999) auch ohne neue
Scheibe im Rücken. Doch wer über so einen grossen
Backkatalog verfügt, ist nicht zu beneiden, wenn es
darum geht, die Setliste jeweils möglichst ausgewogen zu
gestalten. Den diesjährigen Besuch im Z7 nach 2004
begleiteten wieder die Emmentaler Blues Rocker
Chickenhouse, die auch letztes Jahr in Luzern mit von
der Partie waren und jeweils immer auf ausdrücklichen
Wunsch von Nazareth bei deren Schweizer Konzerten
aufgeboten werden. Das zeugt mehr von tiefer
Freundschaft als bloss freundschaftlicher Geste. Bevor
die schottischen Urgesteine Dan McCafferty und Pete
Agnew, zusammen mit Pete's Sohn Lee (d) und Jimmy
Murrison (g), einen der besten je gesehenen Gigs
hinlegten, sassen sie mir zuvor, bestens gelaunt, für
ein Interview gegenüber. Dieses
Gespräch, respektive das Konzert fand Ende März, also
längst statt. Durch viele weitere und aktuelle
Verbindlichkeiten durch's Jahr hindurch, wurden die
Altmeister von mir ins zweite Glied gestellt, was aber
überhaupt nichts zur Sache tut, denn Rock-Legenden, zu
denen Nazareth längst gehören, sind zeitlos. Das trifft
selbstverständlich auch auf den wesentlichen Inhalt des
Interviews zu, das wir Euch nun vor dem Jahresende und
in Hinblick darauf, dass die Naz-Boys (natürlich wieder
mit Chickenhouse im Vorprogramm und eventuell einem
neuen Album!) bereits wieder im Z7 angekündigt sind
(14.3.07), nicht vorenthalten wollen! (DC = Dan
McCafferty & PA = Pete Agnew)
MF: Nun Dan..., seit dem Album „Boogaloo habt ihr keinen
Deal mehr...
Noch vor der ersten Antwort wird Dan was von
einer Bekannten (die womöglich zum Tourtross gehört)
gefragt.
DC: Sorry..., ich war gerade noch im Gespräch mit
einer Freundin..., wie lautete deine Frage nochmals?
MF: Seit dem Album „Boogaloo habt ihr keinen Deal mehr.
Trotzdem spielt ihr aber eine Menge Konzerte in vielen
Ländern! Macht ihr das aus Spass und nur für eure Fans?
DC: Im Moment auf jeden Fall ja..., wir sind dran an
einem Deal, aber wir haben jetzt aufgrund von
Verpflichtungen keine Zeit. Wir haben neues Material,
das, so hoffen wir, dieses Jahr noch raus kommt, aber
uns fehlt die Zeit dafür...
PA: Ja..., Zeit zu haben, um ins Studio zu gehen...,
Zeit, die wir gerne haben würden. Es geht vielen so...,
alle Bands, die aus der gleichen Ära wie wir stammen,
tun das Gleiche: Sie geben fortwährend Konzerte und...
DC: ...das Interesse ist immer noch vorhanden, weisst
du. Die Leute stehen auf Nazareth, Deep Purple, Uriah
Heep..., sie wollen sie sehen. Eine neue Generation ist
da...
MF: ...eine neue Generation von jungen Fans ist
herangewachsen...
DC: ...oh yeah..., eine neue Zeit denke ich...,
trotz MTV-Musik.
MF: Seit sich Ronny Leahy (Keys & Piano) zurückgezogen
hat, seid ihr (wieder) eine klassische 4-Mann Band. Bist
du immer noch überzeugt von diesem Line-Up?
DC: Oh yeah, auf jeden Fall! (kam wie aus der
Pistole geschossen) - Es ist so..., Jimmy und Ronnie
stiessen zur gleichen Zeit zur Band, und das war
toll..., gut für die Musik wie überhaupt. Als Ronnie
ging, war es sehr schwer, wieder jemanden zu finden, der
so gut Keyboard und Piano spielt. Da entschlossen wir
mit Jimmy, das Guitar-Band Ding aufzuziehen...,was wir
gemacht haben und es ging sehr gut. Es machte die Sache
gar leichter, weil wir alles ausprobieren konnten, was
wir wollten.
MF: Der Sound änderte sich etwas...
DC: Natürlich hat er sich das..., ich denke, dass es
jetzt der echte(re) Sound der Band ist.
MF: Nach so langer Zeit im (Music-) Business und „on the
road..., wie steht es um deine Gesundheit? Bist du fit
genug für alle anstehenden Konzerte?
DC: Schau dir die Rolling Stones an..., ja, ich
denk' schon. Letztes Jahr war ich krank und auch alle
anderen irgendwie schlapp und so, aber wir haben nie
aufgehört, die Shows zu spielen. Das war gut..., weisst
du..., und wenn ich einen Tee nehme, ist es so einfach
wie immer.
MF: Gleiche Frage für dich Pete: Wie steht es um deine
Gesundheit?
PA: Ob wir..., was? Fit genug sind? (Schaut zu Dan
rüber, der gerade kräftig hustet) - Nun..., wir waren
immer beschäftigt, spielten stets unsere Shows und waren
eine Band, die immer voran ging. Wir denken da nicht
mehr gross darüber nach..., es ist das, was wir tun.
Wenn diese Shows um sind, gehen wir weiter..., das
werden wir tun.
Schau dir mal Deep Purple's Website an, wie auch sie
immer auf Achse sind. Ob wir fit genug sind? (sagt dies
mit verstellter Stimme und schaut wieder zu Dan
rüber..., und ich kriegte einen Lachanfall...)
DC: Yo..., darüber lässt sich streiten, ja... (dann
nuschelte Dan noch etwas hinterher und Pete wie auch ich
mussten darauf einen Lacher platzieren).
MF: Auf der aktuellen Tour werdet ihr in vielen
verschiedenen Ländern wie der Ukraine, Israel und nicht
zu vergessen dreimal (!) in der Schweiz spielen...
DC: Ja...
MF: Was ist mit Griechenland oder der Türkei?
DC: Oh ja..., wir haben schon mal in Griechenland
gespielt. Es ist eine Sache der Nachfrage..., wenn sie
uns wollen, dann gehen wir, so einfach ist das! In
einzelne Länder gehen wir vielleicht alle drei bis vier
Jahre, in andere häufiger..., das ist halt so.
MF: Im November werdet ihr wieder in Russland auftreten.
Es scheint so, dass euch die russischen Fans lieben und
sehr bewundern...
DC: Ja...
MF: Warum gerade da?
DC: Weil zur Zeit des Kommunismus waren wir für die
„böse, eine schlimme Sache. So wuchsen sie heran und
hörten unsere Musik, etwas Ungehöriges, in Kellern.
1990, als Gorbatchov für die Öffnung des Landes sorgte,
wurde dies sehr begrüsst und sie dachten, dass diese
Jungs schon in Ordnung sind.
PA: In Russland gab es schon immer eine grosse
Fangemeinde. Selbst bevor es uns erlaubt wurde, dort zu
aufzutreten. Wir erhielten viel Fanbriefe von dort...,
die Band war immer...
DC: ...populär da.
PA: Und dann natürlich..., seit dem Fall der Sowjetunion
haben wir an die 20 Mal dort gespielt! Wir touren da ja
nicht nur in Moskau oder St. Petersburg. Wir gehen auch
in alle anderen Orte..., die Leute mögen das. Elton John
war (zum Beispiel - MF) nur in Moskau und St.
Petersburg..., was soll das? Die gehen nicht nach Omsk,
Tomsk, Samara..., das sind riesige Städte mit sehr
vielen Einwohnern. Und dort kriegen sie die CDs der
Bands nicht, die sie gerne sehen möchten. Ich denke, sie
begrüssen die Tatsache, dass Nazareth dorthin gehen und
spielen. Wenn wir sagen „cu next year!, dann meinen wir
das auch!
DC: Auch die Scorpions und Uriah Heep kommen dorthin...,
weil die Leute sie sehen wollen, ganz simpel gesagt.
MF: Neben der Crew, gibt es immer noch einige Die-Hard
Fans wie Chris, die euch auf der Tour begleiten. Ich
nehme jetzt mal an, dass dies stets wie eine grosse
Familie anzusehen ist. Wie war das vor 25 Jahren...,
gleich?
DC: Ich denke, es war das Gleiche...
PA: ...es war..., eine andere Familie.
DC: Es kam mir allerdings nicht immer so vor, weil man
an grösseren Orten auftrat und die Security und all das
um einem herum war, weisst du. Und dann wegen den
E-Mails... (Dan macht einen Gedankensprung in die
Gegenwart - MF)
PA: ...Internet...
DC: (Ja) - Internet und all das..., so lernst du die
Leute kennen und stellst fest, wie einfühlsam diese
sind. So ist das..., so hat sich das angefühlt in dieser
Community..., Kommunikation hilft immer.
MF: An diesem Wochenende las ich in der Zeitung, dass
der (legale) Markt für Song-Downloads aus dem Internet
auf einem sehr hohen Level liegt. Was ist mit eurem
Material? Denkt ihr, dass dies eine Chance ist, auf
diesem Weg jüngere Fans leichter erreichen zu können
(anstatt die CDs zu kaufen)?
DC: Nein, ich denke, dass dies bloss ein weiteres
Werkzeug der Technologie ist. Das Interesse daran (an
der Musik von Nazareth - MF) wird nicht dadurch geweckt,
weil es (das Internet - MF) jedes Kind kennt. Schon in
der Schule..., bereits Babies...
PA: Ich erzähl' dir jetzt was: In der Woche vor dieser
Tour..., also drei Tage davor, erhielt ich ein Mail aus
Brasilien von einem 14-jährigen (!) Girl, das mir
geschrieben hat, dass Nazareth ihre Lieblingsband sei!
14..., und ich werde 60 Jahre alt dieses Jahr, war also
46 als sie geboren wurde. Frag mich nicht, wie sie auf
uns gekommen ist...
DC: Zu Zeiten von „Razamanaz (1973) war ihr Vater noch
ein Kind...
PA: Ihr Vater war da vielleicht 14..., ich weiss es
nicht..., ich denke, diese Downloads sind ein gutes
Mittel, dass die Leute unsere Musik hören können.
DC: Die Leute können uns hiermit anchecken und es kostet
sie auch nicht viel Geld. Sie können sich so viel
anhören..., das ist ok, ich liebe das, weisst du und
einen Oldie auf CD zu kaufen, ist halt teurer. Überdies
verstehe ich das als Reaktion auf MTV. Immer muss man
hübsch sein und die ganze Zeit toll aussehen. 90 % der
Bevölkerung tun dies nicht... (kichert) - sie tun es
nicht..., und es ist interessant, dies zu erfahren.
MF: Es ist hinreichend bekannt, dass in Russland ein
grosses Problem mit der CD-Piraterie herrscht. Aber
diese CDs sind sehr billig, (qualitativ) gut gemacht und
bei Sammlern stark gefragt. (Darauf nahm ich ein
solches, mitgebrachtes Exemplar hervor...)
PA: Ich sehe diese immer wieder...
DC: Wir sehen sie in Russland die ganze Zeit...
PA: Wenn ich den Kerl erwische, der die CD erfunden hat,
dann erschiesse ich diesen Motherfucker!
DC: (kichert drauf los)
PA: Weil..., vorher hattest du Bootlegs..., die klangen
auch wie Bootlegs. Nun kopierst du eine CD und es klingt
perfekt, gleich wie die aus dem Laden! Die nehmen unsere
CDs und stellen Millionen davon her..., in perfekter
Qualität.
DC: Und wir verdienen weniger!
PA: Das sind nichts als Diebe..., wir verkaufen
Millionen von CDs in Russland und welchen Gewinnanteil
kriegen wir?
DC: Nada!
PA: Das geht allen (anderen davon betroffenen Bands und
Interpreten - MF) gleich.
MF: Wie vorhin bezüglich neuen Songs bereits erwähnt
wurde: Habt ihr Pläne für ein neues Album in näherer
Zukunft?
DC: Oh ja..., wir haben vor, dieses Jahr noch was
aufzunehmen..., wir brauchen bloss Zeit, die wir (jetzt)
nicht haben. Die Songs sind vorhanden und wir müssen
einfach ins Studio gehen können.
PA: Der Zeitpunkt dafür ist nicht gut. Wir können
nicht..., weil..., du hast vorher von der Piraterie
gesprochen. Dadurch erhalten die Bands ihre zugehörigen
Tantiemen nicht, die es möglich machen, sich für drei
Monate eine Auszeit nehmen und ins Studio gehen zu
können. Und je mehr Geld fehlt, desto mehr müssen wir
spielen! Um Rechnungen bezahlen zu können, bleibt uns
nichts anderes übrig, als aufzutreten. Wir können uns
keine Auszeit für Aufnahmen leisten, weil wir diese
brauchen!
MF: Aus heutiger Sicht: Seid ihr neugierig bezüglich der
Zukunft von Nazareth oder einfach befriedigt über eure
vergangene Karriere?
DC: Nein! Wir sind immer an der Zukunft
interessiert, es geht nicht mehr zurück, vergiss das...,
weisste..., das ist der einzig richtige Weg..., nach
vorne schauen.
PA: Was schön ist..., wir haben 19 Alben gemacht...,
gute und auch ein paar weniger gute. Dann haben wir
Boogaloo aufgenommen..., unser aller liebstes Album...,
mein liebstes Album, das Nazareth je gemacht haben. Auch
die anderen Jungs in der Band mochten viele, aber dieses
war ihr Favorit. Das war damals (1998 - MF) die Zukunft
und wer weiss..., wir schufen Boogaloo und als Band das,
was wir schon immer machten. Doch wir sind alle
interessiert daran, was als nächstes kommt.
MF: Es ist schon eine Weile her, seit Darryl gestorben
ist. Was fühlt ihr heute?
PA: Wir sind eine andere Band, möglicherweise die
beste Live-Band, die wir je waren...
DC: Auf jeden Fall...
PA: ...damals war es so, heute ist es...
DC: Es liegt jedoch nahe, dass es dir jeden Tag in den
Sinn kommt, weisst du. Er war nicht einfach ein Drummer,
sondern ein netter Mensch, wir liebten ihn 40 Jahre
lang..., er ist so oder so unter uns.
PA: Wir sind Nazareth heute, und das mit Lee (Pete's
Sohn - MF) schon seit sieben Jahren. Jimmy ist nun etwa
elf oder zwölf Jahre bei uns..., und beide sind
unglaublich gute Musiker!
DC: Das ist nun die Band...
PA: ...das sind Nazareth!
MF: Ich nehme jetzt mal an, dass ihr Whisky mögt!?
Welchen am liebsten und welches Produkt würdet ihr nie
trinken?
DC: Es gibt Millionen Whisky's...
PA: Wir sind (alle) nicht wirkliche Whisky-Trinker, wir
trinken keinen Whisky! Was ich trinke, ist ein Brand
genannt Glentalla, ich mag den Geschmack..., aber nur
ein Glas davon! Du wirst uns nirgends Whisky trinken
sehen..., nie!
Unvermittelt machten sich Chickenhouse auf der Bühne
bemerkbar..., was hiess, dass das Interview bald zu Ende
sein wird.
DC: Und Tequila ist nicht mein Favorit! Einmal war
ich sehr betrunken habe mich lange nicht erholt davon!
Ab jetzt wurde es lauter backstage, da das Hühnerhaus
mit ihrem Power Blues Rock loslegte!
MF: Wieviele von all euren Songs, die auf regulären
Alben erschienen sind, habt ihr nie live gespielt? Könnt
ihr das sagen?
DC: Oh Gott..., ich denke...
PA: ...nie gespielt?
DC: ..., so 20 - 30%.
PA: Nun...
MF: Eine schwierige Frage..., nicht?!
PA: Nein..., die Sachen, die im Studio
funktionieren, sind alle gut, dort kannst du sie
nachbearbeiten und so. Auf der Bühne ist das anders...,
bei einzelnen Songs haben wir vier Gitarrenspuren
übereinandergelegt, den Chor und das Orchester ergänzt.
Auf der Bühne geht das nicht. Ich mein', manchmal nutzen
Bands Sachen ab Band, aber wir mögen das nicht. Wir sind
vier und so klingt es eben.
MF: Eure letzten Worte an die Leser der Metal Factory
sind:
DC: Leser des Webzines Metal Factory: Rock on!
Erfreut euch des Lebens und an der Musik, that's it!
PA: Vielen Dank für das Interesse, das ihr an Nazareth
zeigt!

Unser Rockslave (mitte) mit Nazareth >>>
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