Opeth live zu kucken, das gehört für eine
mittlerweile beachtliche Menge Metalfans zum Höhepunkt
ihres Konzertlebens. Und wenn dann noch ein
Wahnsinns-Album wie «Watershed» die Wartezeit versüsst,
dann sind die meisten sowieso schon hin und weg - Nicht
umsonst konnte die Band mit der aktuellen Platte auch in
obere Chartregionen vorstossen: In Australien etwa
landete «Watershed» in den normalen (!) Charts auf Platz
7, weitere Länder folgten dem Beispiel ohne zu zögern.
Für progressiven Death Metal meiner Meinung nach gar
nicht mal so schlecht. Den Ursprung für den stetigen
Anstieg der Band kann Fronter und Chefdenker Mikael
Akerfeldt gleich selber benamseln: Wenn die aktuelle
Scherbe zur Sprache kommt, wirft er nur zu gerne mit
Superlativen um sich, hat dabei aber keineswegs seinen
trockenen Humor verloren… Mehr davon gab's dann auch
während dem Gig, doch dazu mehr in der dazugehörenden
Live-Review. Vorläufig musste ich mich sowieso erst mit
der lokalen Security herumschlagen: Bands kommen nicht
aus dem Backstage raus, Journalisten nicht in den
Backstage rein - Interviews klappen unter solchen
Umständen rein mathematisch bedingt äusserst selten.
Nach 50 Minuten Verspätigung dann der nächste
Tiefschlag: Es gibt nur 10 Minuten Interviewzeit mit
Herrn Akerfeldt. Also gut, kopfüber rein in die gute
Stube, die Band munter beim Rumlümmeln gestört…
Metal Factory (MF): Wie geht's?

Mikael Akerfeldt (MA): Nicht schlecht! …Bin ziemlich
gelangweilt! Also… jetzt nicht wegen dir - Der Tag ist
nur verdammt langsam vor sich hin gekrochen. Es gibt
nichts zu tun, keine Bands zum ankucken… Wir sitzen
jetzt seit etwa zehn Stunden hier drin.
MF: Wann seid ihr angekommen?
MA: Bereits letzte Nacht, also…
MF: Oh, ich seh' schon…
MA: Jup.
MF: Lass' uns zu interessanteren Themen weiter gehen:
Wenn du die neue Platte in ein paar wenigen Worten
zusammenfassen müsstest, was sollte ich darüber wissen?
MA: «Meisterwerk»… Das einzige, was du wissen musst.
MF: (Lacht lauthals drauf los)
MA: …Nein, keine Ahnung. Es ist… Aehm… Vielseitig,
vollgepackt… (Studiert ein Weilchen)… Ziemlich gut
geschrieben, ordentlich gespielt, gut klingend… Ein
Meisterwerk… (Kichert).
MF: Was war denn die Idee hinter «Watershed», gab es
irgendwelche musikalische oder thematische Richtlinien?
MA: Nein, wir machten einfach… Die grundsätzlichen
Sachen sind mir beim Schreiben eingefallen, und daraus
wurde dann halt eine Opeth-Scheibe, da passiert ja eine
ganze Menge. Ich kann keinen Song hervorheben, der die
Platte besser repräsentiert, als die restlichen - sie
sind alle so unterschiedlich, also… keine Ahnung, wonach
ich gesucht habe - Songs zu schreiben, ist einfach
hoffen, dass da was cooles dabei rauskommt.
MF: Wie schaut's mit den Covers für die Special
Edition aus, weswegen fiel die Wahl auf genau diese
Stücke?
MA: Wir mögen sie, weisst du. Nun, ich bin
wahrscheinlich der einzige der den Marie
Fredriksson-Song mag… Das war einer dieser Songs, die
ich schon 15, 16 Jahre lang gemocht habe, und immer
aufnehmen wollte. Aber mir fehlte halt der Glaube daran,
diesen Song zu singen, und dann noch in Schwedisch. Die
anderen Songs, das waren in etwa… Ich, Per (Wiberg,
Keyboards), und Mendez (Martin, Bass) sind grosse Robin
Trower-Fans, und… alle waren eigentlich damit
einverstanden… weshalb nicht, weisst du? Es ist ein
etwas schräger Song, und ich denke… Covers aufzunehmen,…
(Mikael's Handy klingelt) …ist eigentlich langweilig,
wenn du es so Band-mässig machst - wie wir sonst auch
alles machen, wenn du verstehst, was ich meine. Wir
wollten uns etwas ausserhalb von unserem natürlichen
Bewegungsfeld platzieren, irgendwie. Damit mussten wir
uns auch richiggehend pushen, um diese Sache ordentlich
durchzuziehen. Und Chains (Der Alice In Chains-Song,
der's nicht auf die Platte geschafft hat - die Red.)…
Auch ein Song, den alle mochten, der uns gefiel - Wir
haben ein paar ausprobiert, aber dann diesen gewählt.
(Mikael's Handy klingelt erneut) …Es ist ein guter Song!
…Sorry kurz! (Geht an's Telefon, bleibt dann für etwa 2
Minuten an der Strippe, und kommt darauf mit
entschuldigendem Blick zurück) …Entschuldigung, das war
meine kleine Tochter. Sie hat gerade eben
Schokoladen-Eis gegessen, und wollte mir mitteilen, wie
gut das war.
MF: Kein Problem… Um nochmal auf's Thema
zurückzukommen: Was ist mit dem Chains-Song passiert,
weswegen hat er es nicht auf die Platte geschafft?
MA: Wir waren glücklich damit, weisst du. …Aber er war
einfach nicht so toll, wie die anderen Covers, es
klingt… etwas zu nahe am Original, denke ich. Wenn du
den hörst, denkst du «Ja, cool», aber es ist nicht so,
dass… ich denke, die anderen sind mehr… coolere… Covers
- Wenn du verstehst, was ich meine. Also haben wir uns
dafür entschieden, diesen nicht auf die Special Edition
zu packen. Vielleicht veröffentlichen wir ihn dann über
iTunes, oder so was in die Richtung.
MF: Ihr habt mal eine BBC-Recording-Session gemacht,
die später dann auch im Radio lief - Wird das mal
veröffentlicht werden?
MA: Nein, aehm… Wir haben das Material wirklich mit
diesem Ziel vor den Augen aufgenommen, aber BBC wollte
von uns eine wahnwitzige Summe für die Rechte, deswegen
haben wir «Soldier Of Fortune» (Deep Purple-Cover - Die
Red.) auch gleich selber noch mal gemacht. Es ist also
nicht irgendwie… versteckt, oder so. Es gab wirklich
gute Aufnahmen von «When», und «The Grand Conjuration»,
und «Soldier Of Fortune», das war schon cool - Aber
dafür zahlen wir nicht.
MF: Ich musste mir dann die Radioshow rippen, um an
die Aufnahme von «Soldier Of Fortune» zu gelangen - Mir
gefällt diese Version besser, als die Wiederaufnahme auf
«Ghost Reveries».
MA: Mir gefallen die Vocals darauf auch besser, das war
gleich nach einem Konzert, zudem haben wir das live im
Studio gespielt. Ich bevorzuge auch diese Version…
MF: Hat sich deine perönliche Einstellung, dein
Gefühl gegenüber der Band nach all den Jahren eigentlich
verändert?
MA: Aehm… Nein, ich denke es ist immer noch das selbe.
Meine Idee ist mehr oder weniger gleich geblieben. Wir
tun das, weil uns das Zusammenspiel Spass macht, wir
schreiben gerne, wir sind gerne auf Tour… All diese
Sachen. Es fühlt sich eigentlich immer noch gleich an,
was wir tun. Es ist immer noch das Selbe.
MF: Opeth fühlt sich manchmal schon ziemlich mächtig
und dramatisch an, wie siehst du das?
MA: Wir haben ja als epische Band angefangen, das ist
wahrscheinlich, worauf wir stehen. Wir sind nicht
wirklich eine «Weniger ist mehr»-Band, eher «Mehr ist
mehr». Aber weisst du, wir haben auch diese
zerbrechlichen Elemente, die gar nicht so episch daher
kommen - Das hat sich durch die Jahre einfach so
entwickelt, und mittlerweile ist es eine Art Kombination
davon, das Epische und das Zerbrechliche. Ich denke, das
ist einfach, worauf wir abfahren, das überdrehte…
pompöse… abgefahrene… Zeugs.
MF: Wie hat sich denn das Business für euch
entwickelt? Ich weiss beispielsweise, dass ihr
mittlerweile von Opeth leben könnt… Aber ich wüsste
einfach gerne, wie das für euch so läuft - Ob ihr
beispielsweise auch einen 360°-Deal mit eurer
Plattenfirma habt (Labels kriegen dabei Profite aus den
Touren und dem Merchandise - Die Red.)?

MA: Nein, definitiv nicht, werden wir auch nie. Wir
drehen das einfach um - wir starten unsere eigene
Merch-Firma. Weil wir die nie an sowas ranlassen würden.
Ich kenne diese neue Art von Verträgen, aber die können…
sich den Scheiss sonst wohin stecken (Lächelt).
An dieser Stelle weist der Promo-Manager auf die
abgelaufenen zehn Minuten hin, und dass ich die letzte
Frage stellen soll)
MF: Ok, ich überspringe mal eben ein paar in dem
Fall…
MA: Nein, schon Ok, mach nur weiter - Ist ja mein
Letztes für heute.
MF: Oh, danke… Wo war ich nochmal… Ach ja: Das Bild,
das die Medien über dich liefern, ist sehr
Old-School-orientiert, man hört viel über deine
Vinyl-Vorliebe und so weiter - wie schaut's aus, hörst
du eigentlich auch aktuelle Mucke?
MA: Einige Bands, aber nicht viele. Ich sammle immer
noch… ich habe ein paar… etwas um die tausend Platten,
die ich noch nicht gehört habe, alles altes Zeugs. Die
neue Szene, da gibt's sicher gute Sachen - gute Bands,
die mich wegblasen würden… aber ich suche nicht danach.
Ich verlasse mich auf Tipps; Leute, die mir sagen «Hör'
dir das mal an». Ich denke einfach, dass gerade viel
Metal Bands irgendwie… Blutleer klingen, und mich jetzt
nicht so ansprechen. Mich interessiert viel eher die
neue Maiden-Platte, mich darin zu verlieren… Aber wenn's
um neueren Metal geht, dann… Mastodon klappen gut für
mich, Tool, und… Eine Band, die mit uns auf Tour war,
«3», die mag ich sehr.
MF: Noch nie davon gehört.
MA: Habe ich vor der Tour auch nicht.
MF: Woher sind die?
MA: Aus Amerika. Gute Band, wirklich gut. Mal von denen
abgesehen… Morbid Angel, ich warte immer noch auf eine
neue Morbid Angel-Platte!
MF: Schön! Wenn du denn einige Platten wählen
müsstest, um dich selber damit zu beschreiben, welche
wären das?
MA: Yeah, wahrscheinlich was älteres als Morbid Angel…
wie Judas Priest… «Fireball» von Deep Purple, Yngwie
Malmsteen's erste Platte, The Zombie's «Odessey And
Oracle», Scott Walker III,
Nick Drake's «Five Leaves Left», und… Aehm… Tausend
andere…
MF: Ich habe in einem Clip gesehen, wie Steven Wilson
(Opeth-Produzent, Sänger und Gitarrist bei Porcupine
Tree) dich bei einem Prog-Quiz über den Tisch gezogen
hat - was war da bloss los
mit dir?
MA: Ich weiss, wer für diese Fragen verantwortlich ist,
der Chef/Manager von Music For Nations/UK - Der steht
auf diesen käsigen Prog der späten 70er, wie etwa Yes,
und Steven Wilson kennt das alles… ich fühlte mich wie «What
The Fuck?». Aber… die Genesis-Frage hätte ich wissen
müssen… Aber das war ziemlich schwer für mich! Ich höre
mir so Zeugs nicht an… Du weisst schon, «Going for the
One» von Yes, und solche Sachen. Aber ich war
beeindruckt von Steven.
MF: Jup, das war beeindruckend.
MA: Es war krank!
MF: Lassen wir das mal beiseite. Erzähl' mir bitte
kurz, wie's so mit Bloodbath (Mikael's
Death-Allstar-Projekt) steht - Kommt die «Wacken
Carnage»-DVD bald raus?
MA: Die ist schon draussen…
MF: Ups… Dann hab' ich das wohl verpennt.
MA: Ja, da gab's sogar eine Unterschriften-Session in
Paris. Hab' das Teil zwar selber noch nicht, aber…
MF: Eine neue Platte soll ja auch anstehen?
MA: Ja, nur der Gesang fehlt noch. Aber die Drums, die
Gitarren und der Bass sind schon drauf. Der Gesang folgt
im Juli…
MF: Also wird's wahrscheinlich Ende Jahr?
MA: Ja, da würd' ich drauf tippen.
MF: Wird's dann auch Live-Shows geben?
MA: Jup, zwei: Eine in Deutschland, und eine in
Finnland… Beides Festivals.
MF: Also gibt's nach wie vor keine richtige Tour?
MA: Nein, das wäre zu viel für mich. Also jetzt nicht
das Touren mit ihnen, aber einfach noch mit einer
zweiten Band am Start zu sein. Ich weiss nicht…
Vielleicht, wenn sie einen anderen Sänger finden, dann
könnten sie touren. Aber ich bin momentan definitiv
nicht daran interessiert, mit Bloodbath zu touren.
MF: Und Opeth, kommt ihr für ein paar Headliner-Shows
zurück?
MA: Ich weiss nicht, ob die Schweiz drauf war, aber ich
habe da was gesehen… Wir arbeiten an einer Tour, in etwa
Herbst/Winter. Normalerweise machen wir so für eine Show
ja auch bei euch halt, aber… Ich kann mich jetzt nicht
daran erinnern, ob da was drauf stand. Ich denke, das
wird am Anfang eine kleinere Tour. Aber du weisst schon,
wir sind eigentlich schon scharf drauf, überall zu
spielen, also hoffe ich… ich hoffe, dass wir zurück
kommen! Aber ich will nicht wieder im Abart spielen… (Opeth
spielten dort ihre letzte Clubshow auf der «Ghost
Reveries»-Tour, im Dezember 2005 - Die Red.)
MF: Jup, das war verschissen… Nicht das Konzert, aber
die Umstände!
MA: Das ist ein toller Club, es gab dort gutes Essen,
aber die Bühne ist einfach… irgendwie klein… Also
hoffentlich irgendwo anders. Aber weisst du, in der
Schweiz haben wir nicht so viele Fans…
MF: Aehm… Da muss ich also wiedersprechen…
MA: Keine Ahnung.
MF: Ihr habt letzten Sommer am Heitere Openair
gespielt, keine Ahnung, ob du dich erinnerst. Damals
blieb eure Crew in London sitzen…
MA: Ja genau! (Lacht)
MF: Ihr habt nach Clawfinger gespielt, das Zelt war
voll!
MA: Oh, das weiss ich nicht mehr… Ich weiss nur noch,
dass wir alles selber einstellen mussten, was wir seit
etwa zehn Jahren nicht mehr gemacht haben.
MF: War schon schräg, euch beim Aufbau zu zu gucken.
MA: Ja, da gab's eine Terroristen-Warnung in London.
(Einige Wochen nach dem Gespräch wurde ein
Schweizer-Datum auf der Konzert-Liste hinzugefügt - Die
Red.)
MF: Ok, letzte Frage: Was möchtest du deinen
Schweizer Fans noch mitteilen?
MA: Uh… (Auf Deutsch) «Hallo»! Ich hoffe, die kommen uns
kucken, wenn wir spielen… Also wir werden garantiert
spielen, ich weiss halt noch nicht wann, aber… Das
Übliche: Hört in unsere neue Platte rein… Wir lieben
euch… (Lächelt).
MF: Ok, sehr schön - das wär's dann gewesen, besten
Dank!
MA: Ich danke dir.

Mikael Akerfeldt mit unserem El Muerte. Aber wer ist
nun wer? Die sehen ja fast genau gleich aus >>>>>
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