Samael sind ja nicht irgendeine Schweizer Band, die
vier Jungs sind mittlerweile nach acht Alben und
mehreren Stilwechseln zu einer führenden Bewegung
innerhalb der Düstermucke weltweit geworden. Nun steht
die Veröffentlichung des neunten Silberlings „Solar
Soul“ kurz bevor, und was wäre ein besserer Zeitpunkt,
um sich mal mit diesen Ausnahmekünstlern tiefgründig zu
unterhalten? Eben, und so begab es sich, dass sich eine
Delegation der MetalFactory in die Hallen des
Musikvertriebes begab, um mit Sänger Vorph (VO) und
Keyboarder/Programmer Xytraguptor (XY) über das neue
Album, rote Fäden bei Songs und Alben sowie
philosophische Ansichten zu diskutieren. Aber lest
selbst...

MF: Zuerst mal Hallo und danke dafür, dass Ihr
hergekommen seid.
VO: Keine Ursache, gern geschehen.
MF: Es ist für mich eine grosse Ehre mit euch ein
Interview machen zu dürfen. Mein erstes Album war „Reign
Of Light“, danach folgten „Ceremony Of Opposites &
Rebellion“ sowie „Passage“, und was ich aus all diesen
Werken herausgehört habe ist die grosse musikalische
Spannweite, was sich dann schlussendlich auch auf „Solar
Soul“ bemerkbar macht. Habt ihr heute schon viele
Statements dazu geben müssen?
VO: Nein, heute noch gar keines, wir sind soeben erst
angekommen, also noch total frisch (lacht). Gestern
haben wir für die französische Schweiz Interviews
gegeben, und heute machen wir das für die
Deutschschweiz.
MF: Ich hoffe die Jungs waren nett zu euch.
VO: Ja, das waren sie (lacht).
MF: Ok, starten wir mit dem neuen Album, „Solar Soul“
betitelt. Das Artwork ist ja ziemlich orientalisch
angehaucht, ziemlich mystisch auch. Wie kam es dazu und
wer hat es schlussendlich entworfen?
VO: Nun, wir haben es von jemandem externen entwerfen
lassen, sein Name ist Patrique.
MF: Patrick? (Durch den Strassenlärm war die Antwort
nicht vollständig verständlich, Anm. d. Verf.)
XY: Ja, sagen wir ihm Patrick (lacht).
VO: Ja (lacht). Er ist der Drummer der früheren Band von
Makro, Sludge, und wir kennen ihn schon seit einiger
Zeit. Er hat versucht, in das einzutauchen und zu
visuell zu realisieren was wir mit unserer Musik
ausdrücken wollen. Es hat einige Zeit gebraucht, aber
das Endresultat hat dann jeden zufriedengestellt.
MF: War es beabsichtigt, so orientalisch zu wirken?
VO: Da war eigentlich gar keine Absicht dahinter. Was
wir aber nicht wollten, war noch ein Cover im
Weltraum-Stil, es sollte mehr etwas differenzierter
wirken. Da ist ja auch wieder diese Yin
Yang-Darstellung, wie sie auch schon bei früheren Alben
vorgekommen ist, auch ist eine Sonne/Mond-Kombination
vorhanden. Im Grunde genommen kannst du darin sehen was
du willst. Eine geringe Absicht steckte einfach hinter
diesem orientalischen Touch.
MF: Das war das Erste, was ich bemerkt habe als ich
das Cover gesehen habe.
VO: Es ist das, was man eigentlich auf jedem unserer
Cover finden kann und schlussendlich auch in unserer
Musik steckt.
XY: Man versucht, nachdem der Titel und einige Tracks
stehen, dies auch visuell umzusetzen, man probiert
verschiedene Dinge und Stile aus um den gewünschten
Effekt zu erzeugen.
MF: Was ich im Allgemeinen an Samael schätze sind die
Lyrics, die man interpretieren muss, deren Sinn sich
nicht von Anfang an preisgibt.
VO: Das ist ja gerade das Interessante am Texte
schreiben, dass man sich zwar in einem gewissen Rahmen
bewegt aber dennoch Spielraum hat, interpretative Lyrics
zu entwickeln.
MF: Was mich sehr erfreut, ist, dass ihr nicht die
typische Düstermucke-Band repräsentiert, ihr wisst
schon, niemals lachend oder dergleichen.
VO: Danke. Ich denke, wenn man sich mit dem wohl fühlt,
was man tut, geht’s einem automatisch besser. Wenn du
nicht immer zweifelst oder über das nachgrübelst, was du
tust. Nicht dass wir nicht mehr zweifeln würden (lacht),
aber es steckt mehr Positives dahinter.
MF: Wenn ihr nicht mehr zweifeln würdet dann würdet
ihr nicht mehr die Art von Musik machen wie jetzt, klar.
Kommen wir zu den Songs an sich, von denen ich einen
speziell hervorheben möchte, nämlich „Valkyrie’s New
Ride“: Ein straighter, direkter Song, der sich direkt in
die Gehörgänge frisst und dort hartnäckig bleibt. War
dieser Effekt beabsichtigt oder mehr das Resultat
während den Aufnahmen?
XY: Ich denke, es war mehr das Resultat während dem
Prozess. Wir haben die Umrisse skizziert, hier und da
Ideen eingeführt, und dann bekam das Ganze langsam die
Konturen dessen, was daraus entstanden ist. Es war
eigentlich nichts geplant, dass der Song schlussendlich
so klingen sollte, es kam einfach so.
MF: Sozusagen mehr durch Zufall in dem Fall?
VO: Ja, das kann man so sagen (lacht).
MF: Hierbei kann man auch ziemlich gut ein bestimmtes
Kriegs-Feeling heraushören.
VO: Definitiv, es dreht sich nur um Krieg. Nicht um den
Irak-Krieg an sich, aber er war wie der Auslöser für
diesen Song. Es geht hier aber nicht spezifisch um
etwas, sondern mehr um das Thema im Allgemeinen.
MF: Meiner Ansicht nach hat der Track „Ave!“
ebenfalls etwas Kriegerisches an sich, nicht?
VO: Dem würde ich nicht direkt zustimmen. Es ist
vielleicht das Gefühl, das man beim Hören bekommt, aber
das war nicht die Grundabsicht. Ich hatte den Titel und
eine Idee, wie der Sound sein könnte, und dann entstand
eher dieses Imperiale, das ja das Ganze prägt. Im Grunde
genommen werden in diesem Lied zwei Dinge gepriesen, die
nach wie vor essentiell sind: Geld und Macht. Aber wir
wollten nicht ein ganzes Album mit diesem ‚römischen’
Thema machen, das wäre zu massiv gewesen.
MF: Wie seid ihr diesmal ans Werk gegangen, habt ihr
alles zusammen bewerkstelligt oder hatte jeder seinen
speziellen Part? Also Vorph die Lyrics und XY das
Programming und die Keyboard-Teile...
VO: (unterbricht) und die gesamte Musik (lacht).
XY: Das war effektiv eine Zusammenarbeit, man berät,
wohin sich die Band entwickeln soll, schreibt die Lyrics,
die musikalischen Grundlinien, halt wie das so läuft
wenn man schon lange als Band zusammen arbeitet.
MF: In dem Fall herrscht also eine Art Demokratie
vor?
VO: Immer noch (lacht).
XY: Es macht einfach mehr Spass. Wir haben zusammen
immer wieder den Fortschritt betrachtet und festgelegt,
was wie gemacht werden soll. Das ist einfach besser und
effizienter so.
MF: Demokratie ist ein gutes Stichwort. Der Song „Slavocracy“
war ja der erste, den ihr auf die Page gestellt habt und
der noch in einem Rough-Mix zu hören war, ohne den
orchestralischen Teil.
VO: Der war schon dort, einfach noch nicht in diesem Mix
drin. Er war mehr dazu gedacht, eine erste Idee zu
vermitteln wie das Album klingen sollte, in welche
Richtung es sich bewegt, ob es ein Metal-Album ist oder
was Anderes.
XY: Das haben wir ja schlussendlich bei drei Tracks
gemacht, und wir fanden es besser, zuerst drei
Rough-Mixes zu machen als nur einen einzigen und dann
die Album-Versionen. Obwohl wir unter Zeitdruck waren,
versteht sich. Wir wollten auch nicht zu viele Details
von Anfang an bekannt geben.
MF: Der Rough-Mix war ja düsterer und direkter, mehr
metal-lastig, während die Album-Version mehr den wahren
Kern dessen getroffen hat, was ihr damit ausdrücken
wolltet. Richtig?
VO: So ist es. Der Track auf der Scheibe ist definitiv
erhebender, pompöser.
MF: Im Prinzip hättet ihr auch zwei CDs
veröffentlichen Können, eine mit den Rough-Mixes und die
endgültige Variante, und das wären zwei komplett
verschiedene Scheiben geworden. Ich persönlich kann
nicht sagen, welche Version von „Slavocracy“ mir besser
gefallen hat, ich denke dass beide sehr gut sind und
einfach in verschiedene Richtungen gehen.
VO: Wir haben effektiv daran gedacht, ältere Songs neu
einzuspielen, das wollten wir schon seit langer Zeit,
aber bisher kam es einfach noch nicht dazu. Es würde die
Songs in einen völlig neuen Kontext rücken, quasi wie in
eine andere Ebene transferieren.
MF: Wie seht ihr das mit den Album-Covers, existiert
da wie eine rote Linie zwischen ihnen, quasi einen
weiteren Sinn wie wenn man sie sich einfach so
betrachtet?
VO: Ich denke schon, dass man da wie einen weiteren Sinn
dahinter sehen kann. Ich meine, wir hatten da diesen
relativ grossen Sprung zwischen „Ceremony Of Opposites“
und „Passage“ gemacht und zwischendurch die Mini-CD
„Rebellion“ veröffentlicht. Diese stellt quasi den
Angelpunkt zwischen einer Ära und der nächsten von
Samael dar, und schlussendlich geht’s ja um die visuelle
Darstellung des Soundes. Für mich ist da ganz klar der
Fortschritt zu erkennen, der erreicht worden ist.
MF: Da war ja auch immer ein gewisses Flair von
Mystik darin enthalten und sollte dementsprechend
stärker analysiert werden, um es ganz zu verstehen
meiner Meinung nach.
VO: Wir wollten erreichen, dass mehr das innere
Universum angesprochen wird als reale Dinge. Es geht
auch mehr um Spirituelles.
MF: „Promised Land“ und auch „Quasar Waves“ sind ja
die beiden Tracks, die im Grunde genommen anders sind
als die restlichen Songs, vor Allem „Quasar Waves“, weil
dort die Sitar-Klänge wieder auftauchen und stark an „Reign
Of Light“ erinnern. Wie kam es dazu, das Orientalische
wieder zu betonen?
VO: Ich habe zwar nicht direkt, weder als Kind noch als
Teenager, solche Musik gehört, ich habe das erst
letzthin für mich entdeckt. Aber das gesamte
orientalische Ambiente eröffnet dem Hörer eine völlig
neue Landschaft des Geistes, und es handelt auch sehr
stark von Träumen. Deswegen mag ich diese Thematik sehr.
MF: Habt ihr schon irgendeine Vorstellung davon, in
welche Richtung ihr euch bewegen werdet? Ich weiss, dass
das nicht einfach zu beantworten ist weil ihr gerade
erst „Solar Soul“ veröffentlicht habt, aber gibt es da
schon so etwas wie eine Idee?
VO: Nein, nicht wirklich. Mit diesem Album sind sehr
viele Einflüsse zusammengekommen, und wir warten jetzt
einfach mal ab was da kommen wird. Mit den musikalischen
Möglichkeiten, die wir haben, sind wir jetzt offen für
alles. Da ist sehr vieles möglich (lacht).
XY: Es ist wichtig, sich nicht selber Barrieren zu
setzen sondern genau das zu tun, was man will und was
einem richtig erscheint. Einer Art Vision zu folgen,
wenn man dem so sagen will, und wir sind da ziemlich
breit gefächert und offenen Geistes. Und durch
Experimente erreicht man wiederum quasi wie die nächste
Stufe.
MF: Das wärs dann auch schon fast wieder gewesen,
letzte Frage meinerseits an euch: Wollt ihr allen
MetalFactory-Lesern und allen Metalfans da draussen noch
was mitteilen?
VO: Checkt das Album und habt hoffentlich Freude daran,
macht euch die Mühe, es lohnt sich (lacht).
MF: Vorph, XY, vielen Dank für das nette Gespräch.

Unser Toby (links) mit Samael >>>
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