Serge sind schon ein kleines Phänomen. Die Band
tingelt seit knapp fünf Jahren unter dem mehr oder
weniger fragwürdigen Namen («Serge» ist ein
französischer Vorname) und ihrem simplen Sergecore durch
die ganze Schweiz, spielt sich die Finger wund, und
vermag mit ihrer erfrischenden Art so manche
Hartgesottenen zu einem Grinsen zu bewegen (Darunter
auch El Grande Manitou Roxx ;-) - Aber all das, ohne
eine Platte zu veröffentlichen, oder sonst gross Werbung
zu machen. Doch gerade Ersterwähntes soll sich nun
grundlegend ändern. Die Band um Frontmann Kéké (Seines
Zeichens Chefinitiator der sagenumwobenen
Metalact-Abende im alten und neuen Nouveau Monde in
Fribourg) hat sich für zwei Wochen im Little
Creek-Studio von V.O. und Franky (Gurd) einquartiert, um
ihre erste Platte aufzunehmen. Und so treffe ich am
späten Nachmittag des 13. Juli die drei Saitenkünstler
des Quintetts in etwas angespannter, aber durchaus
redseliger Stimmung im Studio an. Die Arbeiten gehen in
gemächlichem Tempo voran, was allein schon an der
Führung des Produzenten-Duos liegt - Die beiden lassen
nix anbrennen und scheinen die Ruhe mit dem grossen
Löffel gefressen zu haben. Gegen 20h00 Uhr geht's dann
für eine kleine Pause mit den beiden Saitenkünstlern
Michel und Bora auf die Dachterrasse, während Bassist
Oli sich eines neuen Songs annimmt...

Metal Factory: Erzählt mir doch einfach kurz was über
die Vergangenheit von Serge, also in etwa wer ihr seid,
was ihr so treibt...
Michel Cotting: Also, Serge kommen aus Freiburg, wir
sind fünf Musiker. Wir haben 2002 damit begonnen,
zusammen Musik zu machen - Zuerst einfach Bass,
Schlagzeug, Gitarre, Gesang. Danach kam Bora als zweiter
Gitarrist hinzu. In den fünf Jahren haben wir eine
stattliche Anzahl Konzerte gespielt, zwei, drei Projekte
durchgeführt, ein kleines Demo aufgenommen, und jetzt
stehen wir hier.
MF: Wie habt ihr zueinander gefunden, woher kennt ihr
euch?
MC: Ich und Kéké (Cédric Clement/Gesang) haben schon
vorher in Frozen Brain gespielt, Kéké war damals noch
Drummer, ich spielte schon Gitarre. Und als Frozen Brain
die Aktivitäten einstellten, haben wir beide uns
entschieden, weiter zu machen - und haben eben einen
Drummer und einen Bassisten gesucht. Den Drummer
(Nicolas Stadelmann) haben wir schnell gefunden, das war
ein Freund von uns, der zwar mit dem Drummen aufgehört
hatte und sich deswegen erst wieder daran gewöhnen
musste. Olivier (Bass) ist einige Monate später zur
Gruppe hinzugestossen, da war auch etwas Zufall mit im
Spiel. Und Bora trat eben etwa mehr oder weniger ein
Jahr später bei. Und das wäre dann das aktuelle Line Up.
MF: Was war denn das Highlight eurer bisherigen
Karriere?
Bora Lopez: (Überlegt lange) Also was mir wirklich
gefallen hat, war die Konzert-Serie die wir mit
Trickshot gemacht haben - Das hat uns erlaubt, während
einer bestimmten Dauer jedes Wochenende zu spielen...
das war einfach genial. Und gleichzeitig eben einer
Kinderkrebs-Organisation helfen zu können... Ja, das war
wirklich cool. Wir konnten spielen, uns was hinter die
Binde kippen, und dabei diese Organisation unterstützen.
Das war wirklich gross, das hat mich geprägt. Und nun,
aktuell, die Tatsache, dass wir eine CD aufnehmen.
MF: Was definiert Serge, was ist die Essenz dieser
Band?
MC: Freunde. Wir kennen uns wirklich gut, wir treffen
uns auch ausserhalb des Proberaums, das funktioniert
prima. Mit Ausnahme einer bestimmten Person, aber wir
sagen jetzt nicht, wer das ist (Grinst breit, Bora
lacht). Davon abgesehen ist es einfach die Freude an der
Musik, am Metal - gemeinsam zu spielen, drückende Songs
zu schreiben, das ganze Paket.
MF: Wer ist eigentlich Serge?
MC: Das sind wir alle. Serge, das ist einfach die Band.
(lächelt vielsagend)
MF: Andersrum: wie seid ihr auf den Namen gekommen?
MC: Das war einfach Spinnerei. Als die Band am Entstehen
war, haben wir über einen passenden Namen nachgedacht.
Wir waren etwas neben den Schuhen, weil wir am Abend
zuvor noch ordentlich gefeiert hatten, und dann hat Kéké
das einfach so gesagt, ich fand das unglaublich witzig,
und dann haben wir das so behalten. Anfangs war's
wirklich nur ein Witz, aber mittlerweile sind wir daran
gewöhnt. Es lässt sich leicht aussprechen, die Leute
können sich daran erinnern... Vor allem, weil er nicht
wirklich etwas mit Metal am Hut hat.
MF: Jetzt reduziert sich eurer aussergewöhnlicher
Geschmack nicht nur auf den Namen, ihr habt pinke
Stickers, schräge Übersetzungen und unglaublich trendige
Shirts im Angebot... Welche Rolle spielt denn der Humor
bei eurer Arbeit?
BL: So sind wir einfach - Obwohl mir Metal machen,
vertreten wir nicht zwangsweise die typischen Werte.
Sogar jemand, der nicht zwingend Metal mag, kann unsere
Shirts tragen, da kann man überall mit rumlaufen. Da
stehen wir alle dahinter.
MC: Das sind wirklich wir. Abgesehen von Nicolas, der
lange Haare hat, sehen wir eigentlich gar nicht nach
Metal aus. Ich trage sehr wenig schwarz, viel lieber
helles grün oder gelb. Wir spielen halt ein wenig mit
den Werten, aber nicht komplett bewusst. Wir finden das
einfach lustig, da lachen wir gerne darüber - eben auch
was die pinken Sticker angeht.
MF: Wechseln wir das Thema: Ihr habt ja unter anderem
auch schon im Z7 gespielt, im Rahmen eines
Bandwettbewerbs. Wie ist das eigentlich gelaufen, was
konntet ihr da rausschlagen?
MC: Das waren total sechs Gruppen, ich glaube wir
landeten auf dem vierten oder fünften Platz. Die ersten
drei kriegten Preise, wir konnten einfach gratis
trinken. Gemessen wurde mit dem Applausmesser, es gab da
eine Band aus der Nähe, die hatten verdammt viele Leute
dabei, und die machten dann auch entsprechend Lärm -
obwohl die Band jetzt nicht so sensationell war. Aber
das war ein schöner Abend, wir konnten einige Kontakte
knüpfen. Wir hatten drei Freiburger da - Denen wir an
dieser Stelle herzlich danken! - , die haben so viel
Lärm gemacht, wie sie konnten, aber sie waren einfach in
der Unterzahl.
MF: Ihr hattet auch ausreichend Gelegenheit, zwischen
der Deutsch- und der Welchschweiz hin und her zu pendeln
- Wo liegt denn eigentlich der Unterschied zwischen den
beiden Lagern?
BL: Also aus meiner Sicht, und das bin ich ganz ehrlich,
macht das Spielen in der Deutschschweiz einfach mehr
Spass. Weil das Publikum der Musik gegenüber ganz
einfach offener ist. Bereits nach den ersten Noten ist
die Sache geritzt, Haare überall und es geht ab. Aber
auf der welschschweizer Seite... Wir haben mal irgendwo
in Lausanne gespielt (Der Name des Clubs spielt jetzt
keine Rolle), da waren die Leute einfach kalt. Aber
sobald's wieder auf die andere Seite hinübergeht,
braucht's nur ein paar Noten, und Zack!...
MC: Aber das liegt natürlich auch an unserem Stil, der
welsche Metal ist sehr an Frankreich orientiert, diese
Sachen funktionieren auch in Lausanne, wie Kandyss und
PMT. Wir sind da etwas härter unterwegs, etwas
einfacher, mit weniger Melodien - Das scheint mir in der
Deutschschweiz doch etwas zugänglicher zu sein, da
stehen die Leute auf der anderen Seite der Saane etwas
mehr drauf.
MF: Du hast vorhin Trickshot erwähnt, mit denen habt
ihr eine ganze Reihe von Konzerten absolviert...
MC: ...Ja, so um die zwölf/dreizehn Shows...
MF: ...Woher kennt ihr euch eigentlich, wie ist's zu
dieser Zusammenarbeit gekommen?
MC: Trickshot kennen wir von einem Metalact-Event, die
haben da mal gespielt. Wir konnten dann einen sehr guten
Kontakt aufrecht erhalten - Ich glaube wir haben an
einem Metalact sogar mal mit ihnen gespielt - da waren,
so viel ich weiss, auch Cataract dabei, im neuen Nouveau
Monde. Auf jeden Fall hatten wir einen sehr guten
Kontakt...
Wir werden kurz durch die suchenden Rufe von Oli
unterbrochen, der seine Bass-Spuren für den nächsten
Song fertig eingespielt hat - Was Michel mit einem «Wir
sind oben auf der Terrasse, mein Schätzchen!» quittiert.
MC: ...und irgendwann haben die halt Bands gesucht, die
mit ihnen auf diese Mini-Tour wollten. (Oli betritt die
Terrasse und setzt sich zu uns)
MC: Ah, da ist er ja!
MF: Ok, erneuter Themenwechsel: Wie schreibt ihr eure
Songs, wie läuft bei euch das Songwriting?
MC: Der Olivier macht alles. (Grinst breit, Bora lacht
im Hintergrund.)
Olivier: Das ist eine Lüge.
MC: Nein, meistens kommen wir zur Probe, spielen ein
wenig zusammen - Mit Ausnahme einer bestimmten Person
(Grinst erneut breit).
BL: Die taucht häufig auf, diese bestimmte Person...
MC: Plötzlich entsteht daraus ein Riff, dann spielen wir
damit rum. Oder eben jemand taucht schon mit einem
fertigen Riff oder einem Refrain auf, aber die
Arrangements arbeiten wir zusammen aus. Was die Texte
angeht, da kümmert sich Cédric drum. Aber ansonsten
stecken wir alle hinter den Kompositionen.
BL: Ausser einem.
MF: Erzählt mir doch noch was von der kommenden CD,
wieviele Songs hat's da drauf, wie wird sie heissen,
etc...
MC: Es werden elf Songs drauf sein, und die Platte wird
«Defy The Clan» heissen. (Ich ziehe in meiner
Überraschung auf den eher seriösen Titel eine Augenbraue
hoch...)
MC: Nein, da steckt nix humoristisches dahiter. Wir
mussten einen Kompromiss eingehen. (Lacht.)
MF: Weshalb habt ihr das Little Creek-Studio
ausgewählt, und V.O. & Franky als Produzenten dazu?
MC: Um das Studio auszuwählen, haben wir erst damit
begonnen, Platten zu hören. Von Roadrunner (Label) bis
hin zu den Scapegoats (Lokale Band), um mal auf unserem
Niveau zu bleiben. Und dann haben wir geguckt, was denn
für uns in Frage kommen würde. So sind wir schliesslich
auf drei Möglichkeiten gestossen: Dänemark mit Tue
Madsen (Antfarm Studios) - da hatten wir noch keine
Ahnung von den Preisen -, und eben hier, wo auch
Pig...eh, Skinpig...
BL: Pigskin!
MC: ...Pigskin - Danke! - aufgenommen haben, und
schlussendlich noch ein Studio in Italien, wo Kiju ihr
Album aufgenommen haben. Und nach einigen Überlegungen,
Verfügbarkeits- und Offertenüberprüfungen, haben wir uns
dann für dieses hier entschieden.
BL: Zudem kannten wir die Arbeit von V.O. & Franky.
MC: Ja, wir haben schon zwei, drei Mal mit Gurd über
Aufnahmen diskutiert.
MF: Und der Mix und das Mastering werden auch hier
erledigt?
MC: Exakt, ja.
BL: Ja.
MF: Und wie läuft's bis jetzt mit den Aufnahmen?
MC: Es läuft ganz gut, wir sind dem Zeitplan ein wenig
hinterher. Es war vorgesehen, bis Freitag Abend alles
aufgezeichnet zu haben.
O: Wir werden einen Tag hinterher sein.
MC: Wahrscheinlich ein bis zwei Tage, Gesang
miteingerechnet. Und ehm... aber sonst läuft's gut, wir
sind prima in Fahrt gekommen. Wir bearbeiten die Songs
gleich komplett. Nico hat die Drums zusammen mit Kéké
eingespielt, und gleich nach jedem Song nachbearbeitet,
das hat schon etwas länger gedauert. Aber ich denke,
dass wir damit unter'm Strich etwas Zeit gewonnen haben.
Die Drums hatten wir in drei Tagen drin, danach haben
wir mit den Gitarren begonnen. Generell läuft's so, dass
wir zuerst Bora's Gitarre machen, dann meine, und dann
den Bass - Immer alle drei, und danach beim nächsten
Song wieder die selbe Prozedur. So sind wir immer bei
der Sache, können direkt über den Song diskutieren und
Korrekturen anbringen, im Stil von «Probier's mal so!» -
oder eben «Nein, so definitiv nicht!». (Die ganze Runde
grinst verschmitzt.)
MF: Wie geht's danach weiter, werdet ihr euch selber
um die Distribution kümmern, oder seid ihr mit einem
Label in Kontakt?
MC: Wir sind in Kontakt mit... Das Problem ist, dass
alle Labels zuerst eine Vorab-CD wollen, um einen
definitiven Entscheid zu fällen. Also ist das gerade
etwas auf Stand-By, aber wir verhandeln mit Irascible
aus Lausanne, um die Schweiz abzudecken. Für Europa ist
noch nichts vorgesehen.
MF: Was sind eure Ziele, eure Pläne für die Zukunft?
MC: Ich will ein Haus, ein Hund und eine Frau
(Interessante Reihenfolge! - MF).
MF: Mhm, wunderbar - Vielleicht noch Bora?
BL: Um ein wenig seriös zu bleiben: Wie alle Musiker
möchte ich gerne so viele Konzerte wie möglich spielen,
und vor allem einfach weiterkommen. Nicht zu weit
zielen, aber vorwärts kommen.
MC: Exakt.
BL: Wir fangen jetzt mal an, und schauen dann weiter.
MF: Oli, du scheinst einverstanden zu sein...?
O: Immer.
MF: Immer?
O: Immer.
MF: Nix anzufügen?
O: Nö, mir geht's gut.
MC: Oli ist immer einverstanden. Der passt sich an.
MF: Kommt ja auch der Arbeit entgegen.
MC: Ja, doch.
MF: Voila, dann sind wir quasi schon am Ende - habt
ihr den Lesern von Metalfactory.ch noch waszu sagen?
(O-Ton)
MC: «Schtey Metal!»...
BL: «Schtey Metal!»
Oli: «Öp se Eiröns!»
BL: «Chischtabier!»
(Allgemeines Gelächter)
MC: Nicht, dass wir bloss wegen der pinken Shirts Slayer
nicht mögen!
BL: Ja, und nicht dass weil wir kurze Haare haben, wir
die Backstreet Boys sind! (Erneut Gelächter)
MF: Wunderbar - Besten Dank für das Interview!
MC: Dank auch an dich!
MF: Viel Glück mit allem!
MC, BL & O: Danke!
|
|
|