Wenn ein kannibalischer Leichnam sechs Fuss unter die
Erde geht... Für über 15 Alben, unzählige ungezügelte
Live-Shows und nicht zuletzt für ein ganzes Metalgenre
zeichnet sich Chris Barnes (CB) verantwortlich. Mit «Death
Rituals» veröffentlichte der Erfinder des Death Metals
letztes Jahr schon wieder eine weitere Scheibe mit
seiner Band Six Feet Under, die er 1993 gründete und für
welche er nicht lange darauf seine Hauptband Cannibal
Corpse aufgab. Und auch in seinem 42. Lebensjahr denkt
der Dreadlocksträger nicht im Geringsten daran, von dem
abzukehren, was er seit Jahrzehnten macht: harte, aber
immer groovenden Sound, angereichert mit gegrowlten
Texten über Tod, Mord, Verwesung und Gewalt. Dabei hat
Chris Barnes seine gesellschaftskritische Art ebenso
wenig aufgegeben wie seine Passion für gutes Marihuana.
Über diese und weitere Dinge sprach Metalfactory zu
Beginn des neuen Jahres, nachdem der erste Termin Anfang
Dezember infolge einer Grippe, die Barnes ans Bett
fesselte, mit dem Godfather of Growl. Lest also im
Folgenden, was Herr Barnes über «Death Ritual» und die
Musikindustrie zu sagen hat und lasst euch von einem
spontanen, 8-minütigen Vortrag über die Gründe
aufklären, weswegen Cannabis immer noch nicht legal ist
und weswegen dies endlich geändert werden sollte.

MF: Hi Chris! Wie gehts?
CB: Sorry für die Verspätung, man! Ich hab bei all dem
Interviewgeben die Zeit vergessen.
MF: Kein Problem! Lieber spät als nie, das letzte Mal
warst du ja krank, als wir miteinander reden sollten.
CB: Ja, ich konnte praktisch nicht mehr sprechen. Hatte
eine üble Grippe. Auch dafür nochmal Entschuldigung!
MF: Wie gesagt: Lieber spät als nie. Deine neue
Scheibe «Death Rituals» ist nun schon seit einigen
Wochen draussen. Welche Reaktionen hast du bis anhin
mitbekommen und was hälst du davon?
CB: Well... Ich geh nicht raus und such mir die Kritiken
zusammen, aber ich frag natürlich die Leute, deren
Meinung mir wichtig ist und deren Reaktionen waren alle
positiv, was mich natürlich freut.
MF: «Death Ritual» ist, wenn ich richtig gezählt
habe, die 10. Scheibe von Six Feet Under. Ist sie so
etwas wie eine Jubiläumsscheibe, etwas Spezielles oder
''nur'' ein weiteres Album?
CB: Alle Scheiben sind wirklich speziell für mich.
Jedesmal, wenn ich ein Album komponiere und es dann
veröffentlichen kann, ist es super. Ich verspüre noch
die selbe Magie dabei wie bei meinem ersten Album und
besonders in diesen Tagen ist es speziell. Man erschafft
etwas aus dem Nichts und das ist immer super. Es spielt
dabei keine Rolle, die wievielte Scheibe es ist oder ob
eine Livescheibe oder DVD, jedes Mal ist es was
Spezielles.
MF: Was meinst du mit ''speziell besonders in diesen
Tagen''? Meinst du damit das Download-Problem?
CB: Unter anderem... Ich denke, die Musikindustrie macht
gerade einen Wandel durch. Ich bin überzeugt davon, dass
es in spätestens 10 Jahren keine CDs mehr geben kann.
Die Musikindustrie wird völlig anders aussehen und heute
ist es eine schwierige Zeit für jede Musikgruppe auf der
Welt. Wir haben glücklicherweise noch den Vorteil, eine
sehr loyale Fangemeinde zu haben und können immer noch
das machen, was wir wollen. Deswegen: Cheers!
MF: Siehst du irgendwelche Lösungen für diese Krise
im Musikbusiness?
CB: Ich weiss nicht ob es irgendwelche Lösungen gibt
oder ob man das überhaupt als Krise bezeichnen sollte.
Es wird ja nicht weniger Musik gehört, glaube ich
zumindest. Es ist einfach eine Veränderung, die bei all
unserer Technik und unserem digitalen Lebensstil kommen
musste. Das Business muss diese Veränderungen einfach
irgendwie in den Griff bekommen und dann werden wir neue
Wege gefunden haben, Bands zu promoten und Musik zu
veröffentlichen, sodass Musiker wirklich davon leben
können, wenn sie es gut machen. Dann wird die ganze
Musikwelt einfach anders aussehen, aber nicht schlechter
sein, obwohl ich CDs und LPs natürlich bevorzugen würde,
aber das wird wohl bald nur noch was für Retro-Menschen
sein.
MF: Du veröffentlichst mit Six Feet Under in ziemlich
kurzen Abständen neue Platten. Seit eurer vorletzten
Scheibe «Commandement» ist nicht viel mehr als ein Jahr
vergangen. Weswegen?
CB: Mir würde es sonst so verdammt schnell langweilig
werden, hahaha. Ich mache es einfach gerne und habe
riesigen Spass dabei. Und wenn ich mich an meine Jugend
erinnere, da fand ich eine Band super, kaufte mir die
neue Scheibe und musste dann zwei oder noch mehr Jahre
auf die nächste warten. Warum also nicht schneller
veröffentlichen? Klar, du kannst sagen, dass das
vielleicht aus ökonomischer Sicht nicht gerade das
Klügste ist oder so, aber sobald ich genug Ideen für ein
Album habe, veröffentliche ich das Zeug. Warum warten?
Schon jetzt fragen mich Leute wieder, wann endlich die
nächste SFU-Platte nachgeschoben wird, hahaha. Ich hab
einfach Spass daran.
MF: Wenn du dich zwischen Studio und Bühne
entscheiden müsstest würdest du ohne zu Zögern das
Studio wählen.
CB: Definitiv! Songwritting ist für mich das Grösste! Es
ist eine Herausforderung in einem ganz speziellen, mich
befriedigenden Sinne! Mein Herz und meine Aufmerksamkeit
kann ich viel besser auf das Schreiben konzentrieren.
Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und meine Fans zu
treffen, aber Touren ist eben auch verdammt anstrengend.
Jede Band, die schon einmal on the road war, weiss wovon
ich spreche, denn auch SFU können sich auf Tour nicht
gerade viel Luxus leisten und das meiste Geld, dass man
mit Spielen verdient geht schon wieder für den
Chauffeur, den Bus, Verpflegung, Technik und all den
Kram drauf. Und wochen-, vielleicht sogar monatelang von
seiner Familie getrennt zu sein ist auch nicht das
Prickelndste auf der Welt. Ich liebe es auch, aber Songs
schreiben und aufnehmen ist für mich angenehmer und
befriedigender.
MF: Für meine Ohren klingt «Death Rituals»
lebendiger, spannender und abwechslungsreicher als seine
beiden Vorgänger. Stimmst du mir zu oder denkst du, das
wirkt lediglich so, da es eine neue Scheibe ist?
CB: Ich weiss nicht, ob man das so sagen kann. Leute
hören und verstehen Sachen manchmal so, wie sie sie eben
sehen oder hören wollen. Mich interessieren solche
Beschreibungen zwar, aber als Macher dieser Songs fehlt
mir vielleicht der Abstand dazu. Ich unterteile meine
Sachen weniger in Alben, sondern betrachte vielmehr
jeden Song einzeln. Dabei kommt mir sicher auch manchmal
der Gedanke, dass der eine etwas ''frischer'', wie du
gesagt hast, wirkt und der andere vielleicht etwas
blasser ist. Spannend ist für mich immer, wenn ich das
Album als fertiges Produkt höre und sich die Songs
aneinandergereiht haben. Das öffnet mir immer eine ganz
andere Zugangsweise, die ich aber schlecht in Worte
fassen kann.
MF: Seit 20 Jahren singst du praktisch immer über die
gleichen Dinge und verwendest die selben Bilder und
Motive in deinen Lyrics: Massenmörder, Tod, Brutalität,
Horror-Szenarien, klassisches Death-Metal-Zeugs eben.
Geht dir dabei nicht ein wenig die Inspiration verloren
oder wird es zumindest nicht immer schwieriger, neues
Material zu schreiben?
CB: Oh nein, man! Ich hab immer noch massig Zeugs auf
Lager, dass ich über Riffs growlen möchte. Ich mache
einfach das weiter, von wo ich komme, was mich als
Jugendlicher vor 20 Jahren beschäftigt und interessiert
hat. Meine Interessen haben sich dabei nicht sonderlich
verändert und darum funktioniert es für mich immer noch.
Ich versuche dabei einfach, Themen und Gedanken, die in
meinem Kopf kreisen, auf eine spezielle und für mich
spannende Art umzusetzen und vielleicht auch zu
verbildlichen. Und ob meine Texte dann immer das Gleiche
sind, das hängt davon ab, wie genau der Hörer zuhört.
Auf der Oberfläche sehen sie sicherlich sehr ähnlich
aus, aber was ich damit sagen will unterscheidet sich
doch ziemlich, denke ich zumindest. Man muss sich dafür
halt wirklich anstrengen, muss den Sound und die Lyrics
richtig erleben.
MF: Ihr seid für «Death Rituals» zwar wieder in die
altehrwürdigen Morrisound Studios zurückgekehrt, dennoch
hast du aber wiederum die Scheibe selber produziert.
Wann und wieso hast du dich dafür entschieden, deine
Musik auch gleich selber zu produzieren?
CB: Seit «True Carnage» (2001), glaube ich, habe ich
jede Scheibe selber produziert und war vorher schon der
Mainguy im Studio, der zu allem seinen Senf dazugab und
sagte, wenn ihm etwas nicht passte, auch schon bei
Cannibal Corpse. Zu einem gewissen Zeitpunkt war es mir
einfach wohler, wenn ich die ganze Kontrolle über das
hatte, was mir so viel bedeutet. Ich will einfach alles
selber machen können, was meine Musik betrifft. Dabei
bin ich aber auch offen für die Vorschläge und Ideen von
anderen Leuten. Das ist mitunter ein Grund, weswegen wir
wieder im Morrisound waren, dass es dort Leute gibt, mit
welchen ich gut zusammenarbeiten kann und deren Meinung
ich als wichtig erachte. Die Stimmung ist dort gut,
damit ich schreiben kann. Über die Jahre habe ich
einfach gemerkt, dass das ein wichtiger Punkt ist,
genauso wie die Erkenntnis, dass zu viele Köche die
Suppe verderben. Jetzt kann ich alles so arrangieren,
sodass es für mich stimmt.
MF: Seit 15 Jahren bist du nun schon der Mastermind
von Six Feet Under. Wie hat sich die Band und
insbesondere, wie hast du dich in den letzten Jahren
verändert?
CB: Hmm... Six Feet Under sind so eine kontinuierliche
und dichte Sache, dass es mir schwer fällt, eine genaue
Analyse abzugeben. Ich denke, dass das Zusammenleben mit
anderen Menschen immer ein Prozess ist und ich denke,
dass der Prozess mit Six Feet Under ein postivier ist.
Wir sind stärker als Band auf der Bühne, verstehen uns
immer besser, wenn wir zusammen sind. Wir kommen gut
miteinander aus und alles läuft geschmeidig, viel
geschmeidiger als mit anderen Leuten auf jeden Fall, mit
welchen ich schon zusammenarbeiten musste. Ich denke, an
der Anzahl von CDs, die wir veröffentlicht haben und dem
Erfolg dadurch, dass es funktioniert und das ist das
einzige, was zählt.
MF: Eine dieser Kontinuitäten bei Six Feet Under ist
das covern von Rocksongs. Auf «Death Rituals» nun habt
ihr euch «Bastards» von Mötley Crüe vorgenommen.
Weswegen Mötley Crüe?
CB: Mötley Crüe sind neben viele anderen definitiv
Jugendidole für mich, mit denen ich aufwuchs und ich
liebe «Shout At The Devil». Die Platte ist für mich nach
wie vor eine der besten Metalscheiben aller Zeiten und
symbolisiert für mich vieles, was ich unter klassischem
Metal verstehe. Und «Bastards» tauchte einfach mal auf,
als wir auf Tour waren. Wir hatten den Ipod auf
Shuffle-Mode und als der Song lief dachte ich: ''Das ist
die nächste Nummer''. Ich denke auch, dass wir ihm
sicher unseren Stempel aufgedrückt haben, hahaha. Was
Vince Neil dazu meint, weiss ich leider nicht, hahaha.
MF: Ich kann mir vorstellen, dass es Leute gibt, die
denken, Chris Barnes kann Mötley Crüe doch nicht gut
finden und...
CB: Jaja, so sind idiotische Menschen eben. Sie haben
zwar mitgekriegt das Chris Barnes und all die anderen
ein neues Genre namens Death Metal erfunden haben,
denken aber gleichzeitig nicht daran, dass gerade dies
heisst, dass es vorher noch keinen Death Metal gab, den
wir hätten hören können. Diesen Schritt zurück machen
sie nicht. Sonst würden sie merken, dass, als wir oder
die Jungs von Death oder Obituary aufwuchsen, die
härtesten und bösesten Bands Mötley Crüe, Judas Priest
und Iron Maiden waren. Wenn du damals ein Shirt von
Maiden oder Ozzy getragen hast, hatte das dieselbe
Wirkung wie wenn heute ein Teenager mit einem Shirt von
uns oder Cradle Of Filth rumläuft. Du wurdest von den
Leuten angeschaut, als wärst du der Teufel persönlich
und eine echte Bedrohung. Ich höre die Musik, die mir
gefällt und wenn andere denken, dass das nicht zu dem
passt, was ich mache, dann können die mir mal
kreuzweise. Hin und wieder ist es zwar schon spannend,
Bands zu hören, die es ohne uns vielleicht nie gegeben
hätte, aber ich höre trotzdem lieber guten alten Sound
der 80er.
MF. Was für Musik hast du dir in letzter Zeit
vermehrt reingezogen?
CB: Uhhm... Ich höre alles mögliche, kann mich aber
meistens nicht mehr wirklich dran erinnern, weil ich
meistens stoned bin, hahaha... Gestern Abend habe ich,
wenn ich mich richtig erinnere, einen
Grateful-Dead-Channel von irgendeinem Internet-Radio
gehört.
MF: In Form von «Graveyard Classic 2» habt ihr 2004
das komplette «Highway To Hell» von AC/DC gecovert. Wie
findest du die neue Scheibe «Black Ice»?
CB: Ich hab sie leider noch gar nicht gehört! Ich hab
erst die Single gehört, aber die haute mich nicht gerade
um. Ich muss es mir aber unbedingt besorgen, denn einige
Leute haben mir gesagt, sie überraschenderweise ziemlich
gut geworden.
MF: Was hälst du von Leuten, die denken, klassischer
Death Metal sei veraltet, da es heute extremere, also
sowohl härtere wie auch schnellere Metalstyles gibt, als
Ende der 80er, wo euer Sound wohl das Extremste und
Böseste überhaupt war?
CB: Pfff... Für mich gibt es keinen anderen Stil, der
mir mehr Spass macht. Ich sehe Musik nicht als
Wettbewerb, schon gar nicht, wenn es darum geht,
möglichst extrem oder böse zu sein. Ich muss nicht
schneller oder härter sein, um besser oder kreativer zu
sein. Meistens ist es ja gerade umgekehrt. Dann könntest
du ja gleich Kategorien aufstellen wie: Umso mehr Geld
du hast, umso besser bist du. Ich denke, gerade live
bringt unsere Musik den Spass und die Energie, die wir
selber verspüren rüber. Ich hatte schon oftmals die
Gelegenheit, all die extremen Bands live zu sehen und zu
oft steht das Publikum dann einfach still da und schaut
zu. Wenn wir auf die Bühne gehen, dann macht das
Publikum mit und dreht durch. Ich gebe einen feuchten
Scheiss auf all jene Leute, die uns mit anderen Bands
vergleichen und uns deswegen etwas absprechen. Dieselben
Kritiker, die heute meine früheren Alben loben sind die,
welche Cannibal Corpse oder Six Feet Under damals als
Bullshit bezeichneten. Wenn ich auf Kritiker hören
würde, dann wäre ich heute nicht da, wo ich heute bin.
Ich lebe diesen Traum, den sie gerne leben würden und
sie müssen mich kritisieren, damit es nicht zu fest
wehtut. Wer meinen Sound oder mich nicht mag, der muss
das auch nicht. Es ist doch etwas faul daran, wenn man
Musik macht, um anderen zu gefallen, das ist doch
verlogen.
MF: Gibt es für dich aber dennoch jüngere Bands, die
deinen Segen erhalten würden?
CB: Ich weiss nicht... Ich interessiere mich nicht mehr
wirklich dafür, was andere machen und will auch
niemanden etwas raten. Ich versuche lieber, selber alles
zu geben und das würde ich auch den anderen raten:
Entscheidet selber, was euch gefällt, was ihr hören und
denken wollt. Viel Glück jeder Band da draussen! Macht
einfach eure eigenen Scheisse, so wie ich das mache.
MF: Das wäre ein gutes Schlusswort, kommen wir aber
noch zu einem anderen Thema. Zu Beginn des
psychedelischen Intermezzos «Crossroads To Armageddon»
auf «Death Rituals» klingt es, als würde sich jemand
einen Joint anzünden und auch die Lyrics sind
verdächtig. Bist du nach all den Jahren immer noch ein
passionierter Kiffer?
CB: Wie auch immer du die Lyrics interpretieren
möchtest, dude, es ist cool für mich, hahaha... Der Song
an sich ist aber schon speziell und fügt der Scheibe
weitere Klangpaletten hinzu, die das Album noch
spannender machen.
MF: Am 30.11., dem Tag vor unserem ersten
Interview-Termin, haben wir in der Schweiz über die
Legalisierung von Cannabis abgestimmt. Leider wurde es
aber abgelehnt.
CB: Das ist einfach Irrsinn, man! Ich hab eigentlich
gedacht, in der Schweiz wäre es schon längst legalisiert
oder zumindest entkriminalisiert.
MF: Nicht wirklich...
CB: Ich weiss nicht, aber als wir vor etwa 8 Jahren oder
so mal in der Schweiz waren, hat es für mich so gewirkt,
als wäre es legal in der Schweiz. Alle haben da gekifft.
MF: Yeah... Es ist ziemlich verbreitet bei uns aber
offiziell ist es noch strafbar in der Schweiz, wenn auch
ziemlich milde im Vergleich zu den USA. Wir versuchen es
weiter... Worin siehst du die Gründe dafür, dass die
Legalisierung immer wieder verhindert wird?
CB: Oh boy... Da gibt es verdammt viele Gründe dafür.
Erstens sind da mal die wirtschaftlichen Gründe: Die
Pharma-Industrie will es um jeden Preis verhindern und
die haben ziemlichen Einfluss auf die amerikanische
Politik und so viel ich weiss, habt ihr ja auch in der
Schweiz grosse solche Firmen. Die wollen die
Legalisierung verhindern, da Marihuana ein natürliches
Heil- und Schmerzmittel ist, welches bei verschiedensten
Krankheiten eingesetzt werden kann. Und da man Cannabis
bis heute noch nicht künstlich herstellen kann, würde
eine Legalisierung natürlich finanzielle Einbusse für
die Pharma-Industrie bedeuten. Man hat es in der
Vergangenheit versucht, Marinol oder wie all diese
synthetischen Dinge heissen, aber zum einen waren diese
Substanzen nie so wirkungsvoll wie das Original und dazu
riefen sie auch immer viel mehr Nebeneffekte hervor. Aus
Cannabis können sie kein Kapital schlagen und deswegen
verhindern sie die Legalisierung.
Zweitens gibt es einen etnischen, man kann sogar sagen,
rassistischen Grund: Die ganze Illegalität und
Prohibition von Marihuana begann in den Vereinigten
Staaten und geschah aus rassistischen Gründen. Man
versuchte Mexikaner und andere lateinamerikansiche
Einwanderer davon zu hindern, im Süden der USA mit
Cannabis Geld zu machen und so erfolgreiche Bauern zu
werden, die mit den amerikanischen
Tabakplantagen-Besitzern konkurrenziert hätten. Deswegen
und aus noch vielen anderen Gründen wird Marihuana
verteufelt. Es ist traurig, denn sogar Leute, die noch
nie Marihuana versucht haben, verteufeln es und auf der
anderen Seite gibt es so viele Leute, die es auch noch
nie versucht haben, jedoch für eine Legalisierung wären,
dabei aber keine Macht haben, diese zu bewirken. Die
ganze Sache ist so heuchlerisch und dieses Gesetz ist so
veraltet. Zwei Substanzen, die auf der ganzen Welt
tagtäglich konsumiert werden, sind dabei legal: Alkohol
und Tabak machen genauso abhängig und verursachen um ein
Vielfaches mehr Tote und Gesundheitskosten, als es
Marihuana tun würde. Diese Dinge schaden eigentlich nur
Leuten und helfen niemanden, aber die kann jeder
Erwachsene ohne Weiteres konsumieren.

Man sollte wirklich die Autoritäten zu hinterfragen
beginnen, wenn eine heilende Substanz wie Marihuana
einfach verboten ist. Ich glaube, dass wir Menschen
dafür gemacht sind, Marihuana zu konsumieren denn man
hat wissenschaftlich bewiesen, dass es Regionen in
unserem Gehirn gibt, die nur aktiv sind, wenn wir THC
konsumieren und dass wir über Enzyme verfügen, die nur
dafür da sind, dass unser Organismus THC aufnehmen und
verwenden kann. Für nichts anderes! Und diese Frage muss
man sich Stellen: Weswegen ist das so? Und wenn man sich
dann noch all die anderen Gründe für eine Legalisierung
anschaut: Daneben, dass es unserer Gesundheit dient,
würde es auch unserer Umwelt nützen. Die Gesellschaft
macht momentan die ganze Zeit auf umweltbewusst und gibt
sich so grün. Es gibt keine andere Pflanze auf der Welt,
die soviel CO2 in Sauerstoff umwandelt wie Cannabis. Und
wenn wir wirklich die Ozonschicht wieder aufbauen
wollen, warum pflanzen wir dann nicht hunderte Felder
davon an, anstatt den Regenwald abzuholzen und riesige
Fabriken zu bauen?
Es hilft uns, es hilft der Erde! Ein weiterer Pluspunkt
von Cannabis: die Kleider, die daraus hergestellt werden
können! Kleidung aus Hanf ist tausendmal
umweltfreundlicher als all jene Nylonfasern und der
ganze Kunststoffscheiss. Dazu kommt noch der Vorteil,
den Cannabis den Entwicklungsländern bieten würde:
Südamerika oder auch Afrika wären viel unabhängiger vom
Westen, wenn sie Cannabis ohne Weiteres anbauen könnten
und man es vor allem in den USA auch verwenden könnte.
Sie würden ihre Abhängigkeit von den westlichen
Pharma-Firmen etwas vermindern und hätten gleichzeitig
einen neuen Wirtschaftszweig. Die Illegalität von
Marihuana hat in den letzten Jahrzehnten so viele Opfer
gefordert, hat Kriminalität gefördert und Leute in den
Tod getrieben, all dies nur, weil irgendwelche Idioten
Schiss davor haben. Es braucht einen neuen Kurs in der
Drogenpolitik, einen Wandel.
MF: Das erste, was Obama also jetzt tun würde, um für
richtigen «Change» zu sorgen, wäre also die
Legalisierung von Cannabis.
CB: Genau! Die Leute reden alle über «Change» und die
neuen Wege, die eingeschlagen werden sollen. Hört auf,
diese Dinge nur als rhetorische Mittel zu verwenden und
setzt sie endlich in die Realtität um! Ich bin zwar
skeptisch, ob Obama wirklich etwas reissen kann, aber
ich denke, die Möglichkeit wäre da und ich beobachte das
Ganze mit grossem Interesse. Die Legalisierung von
Cannabis wäre aber defintiv genau ein solcher Schritt,
der «Change» bringen würde.
MF: Du bist jetzt 41 Jahre alt, zeigst dich aber
immer noch gesellschaftskritisch. Bist du immer noch
rebellisch und aufsässig gegenüber der Gesellschaft wie
vor 20 Jahren?
CB: Absolut!! Ich beobachte die Dinge um mich her und
mache mir meine Gedanken. Ich hinterfrage das, was ist
und will nicht einfach den Medien glauben, sondern
wirklich wissen, was abgeht. Genau das fehlt der
heutigen Gesellschaft oft: Dass sie lieber das nehmen,
was sie serviert bekommen, sei es von Politikern oder
Medien, und nicht selber denken.
MF: Kommen wir zum Ende wieder zur Musik zurück: Vor
ziemlich genau einem Jahr hast du deinen Posten als
Fronter der Finnen Torture Killer an den Nagel gehängt,
bei denen du 2005 eingestiegen bist. Weswegen?
CB: Ich fand, dass es einfach Zeit war, das die Jungs
ihren eigenen Weg gehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich
alles getan hatte, was ich für sie machen konnte.
MF: ...dass sie aus deinem Schatten treten...
CB: Ich würde es nicht so sagen. Die Medien haben es
vielleicht so dargestellt, aber eigentlich waren immer
sie es, die das Material machten und ich hab einfach
meine Meinung gesagt und gesungen. Ich wollte mich
daneben einfach noch mehr auf Six Feet Under
konzentrieren und da ich Torture Killer dadurch nicht
behindern wollte, hab ich mich für den Ausstieg
entschieden.
MF: Welche Pläne hast du für Six Feet Under in der
näheren Zukunft? Man kann sicherlich mit einer Tour
rechnen, oder?
CB: Wir haben erst einige Shows provisorisch gebucht.
Wir sind das gerade alles am Abklären. Im Juni werden
wir einige Shows in Europa spielen, eventuell, wenn ich
mich richtig erinnere, sogar eine in der Schweiz zu
Beginn, aber da weiss ich jetzt nichts Genaueres. Im
Sommer stehen natürlich die Festivals an und dann wollen
wir im Herbst auf grosse US-Tour gehen und hoffentlich
können wir danach wieder nach Europa kommen.
MF: Und die letzte, obligatorische Frage: Wo wirst du
und Six Feet Under in 10 Jahren stehen?
CB: Hoffentlich nicht ''six feet under'', hahahaha...
Nein, ich hoffe, wir werden immer noch Freude an dem
haben, was wir jetzt machen und die Fans werden uns
immer noch treu sein. Ansonsten weiss ich auch nicht,
was ich in 10 Jahren machen könnte...
MF: Danke für das ausführliche Interview Chris!
CB: Danke dir... See you on the road!
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