Wenn ich davon ausgehen kann, dass in den meisten
Haushalten der Schweiz ein Fernseher steht, dann
brauchen Stone Sour nun wirklich keine Einführung mehr -
Ihre aktuelle Single «Through Glass» wird von sämtlichen
Musik-Sendern rauf und runter gespielt. Nun ist die
Geschichte mit Singleauskopplungen allerdings immer so
eine Sache, selten repräsentieren sie die Gesamtsumme
eines Albums - Und im krassesten Fall, so wie eben bei
der aktuellen Stone Sour-Scheibe «Come What(ever) May»,
bedient sich der Track einer im übrigen Album beinahe
unberührten Musikstilistik. Denn Stone Sour sind
beileibe alles andere als eine Poprock-Band, ihre Mucke
kann getrost irgendwo im Metal angesiedelt werden. Aber
gerade Songs wie «Trough Glass» demonstrieren ihre
Fähigkeiten als versierte Songwriter - Ein Aspekt, der
bei den meisten restlichen Songs nicht gleich im ersten
Hör-Durchgang ins Auge sticht. Interessanterweise
scheint in den extremeren Elementen des aktuellen Albums
jeweils ein spezifischer Musiker des
Haupt-Songwriting-Trios erkennbar zu sein, wie mir der
Giarrist und Band-Kopf Josh Rand am Telefon unter
anderem erklärte. Während des gesamten Interviews läuft
bei ihm im Hintergrund der TV, was seinen köstlichen
Südstaaten-Slang auch nicht gerade verständlicher macht
- Aber dafür enorm zu einer lockeren Stimmung
beiträgt...

Josh Rand: Wie geht's dir?
Metal Factory: Danke, bestens - Und dir?
JR: Wunderwbar, bin gerade am American Football
gucken... (schmunzelt)
MF: Seid ihr momentan auf Tour?
JR: Wie spielen hier zwei Radio-Shows, bevor wir rüber
nach Europa kommen...
MF: Stellen wir uns mal vor, ich hätte keine Ahnung
von Stone Sour, was sollte ich denn über die Band
wissen?
JR: Nun, uns gibt's eigentlich seit 1992, wir haben da
für vier oder fünf Jahre Musik gemacht. Danach stieg
Corey (Taylor/Vocals) aus, machte bei Slipknot mit und
dann kamen sie gross raus. Im Jahr 2000 sprach ich mit
Corey über Material, das ich in der Zwischenzeit
geschrieben hatte. Wir sind zusammengekommen, haben es
selber aufgenommen und daraus wurde dann unser erstes
Album, 2002 war das dann. Ich denke zudem, dass wir
musikalisch gesehen schwer zu kategorisieren sind, wir
passen nicht wirklich in ein Genre. Wir sind zwar eine
Hardrock-Band, können aber genauso heavy oder eben auch
melodisch wie andere Bands auch sein. Wir sind einfach
vielseitig.
MF: Ermüdet es dich nicht, wenn die Leute ständig
nach Corey & Jim (Root/Gitarre, gleichzeitig
Slipknot-Mitglied), respektive der Slipknot-Verbindung
fragen?
JR: Weisst du, diesmal ist es anders gelaufen, die
Scheibe spricht für sich selbst. Beim ersten mal war das
anders. Niemand kannte uns. Aber diesmal hat sich das
geändert, es ist mittlerweile klar, dass wir mehr als
nur ein Seitenprojekt sind. Also... eigentlich habe ich
bis jetzt nicht viele Fragen in diese Richtung gekriegt.
MF: Wie war das denn am Anfag, bestand euer Publikum
grösstenteils aus Slipknot-Fans?
JR: Wir hatten ja diesen Riesen-Hit mit «Bother»... Ich
will nicht sagen, dass da keine Slipknot-Fans waren.
Diesmal hat es immer viele Leute, die absolut nicht auf
Slipknot stehen. Aber ich würde mal darauf tippen, dass
es zu Beginn etwa Halbe/Halbe war. Aber mittlerweile
haben wir unsere eigene Fanbase.
MF: Ich habe mich spontan gefragt, ob sich die beiden
Bands (Stone Sour & Slipknot) gegenseitig beeinflussen -
immerhin haben ja auch die Anteile an akkustischen
Gitarren stark zugenommen...
JR: Logischerweise kann ich für Slipknot nicht antworten
- Aber für uns würde ich jetzt mal Nein sagen. Corey
bespielsweise schrieb «Bother» alleine auf seine
Gitarre, auf der Aufnahme ist sonst niemand aus der Band
drauf. Auch auf meiner Seite gibt's keinen Einfluss von
Slipknot. Wir klingen einfach nicht wie sie. Egal, ob
das die Leute mögen. «30/30-150» ist ein sehr harter
Song und das abschliessende Stück «Zzyxx Rd.» ist dafür
extrem ruhig, und dazwischen gibt's nun aber wirklich
alles mögliche - «Through Glass» ist ein poppiger Song,
«Silly World» hat eine abgründigere Seite, die wir von
Bands wie Pink Floyd und Radiohead kennen... Das Album
ist also tatsächlich der rohe Beweis, dass wir uns nicht
von aussen beeinflussen lassen. Wir machen, was wir
wollen.
MF: Ich war ziemlich überrascht, als ich eure neue
Scheibe zum ersten Mal hörte - Sie hat zusätlich zu den
eingänigen Elementen des Debütalbums eine etwas
experimentellere Seite, wenn man dem so sagen kann.
JR: Nun ja - Uns ging es immer um die Entwicklung.
Tatsächlich werden heutzutage viele Bands extrem faul,
soweit ich das sehe. Die haben mal eben etwas Erfolg,
und wollen dann auf der gleichen Welle weiterreiten. Wir
allerdings wollten uns ausdehnen und haben auf einigen
Tracks wirklich spezielle Ansätze ausprobiert - Man
wollte uns teilweise sogar abraten, sie so aufzunehmen.
Also wenn die Leute die Scheibe mögen, ist das natürlich
toll. Und wenn nicht - auch ok.
MF: Wie funktioniert denn das Songwriting bei euch?
JR: Die erste Scheibe war zum grössten Teil eigentlich
nur Corey und ich, diesmal lief's anders. Jim kam gerade
mal einen Monat vor den Aufnahmen zur ersten Scheibe
hinzu, er konnte damals nebst einigen Details nicht viel
mehr mit einbringen. Aber diesmal hatten wir 2,5 Jahre
Zeit. Eigentlich ist es ziemlich genau zwischen mir, Jim
und Corey aufgeteilt. Corey schreibt ja eh alle Lyrics,
ich kümmere mich meist um die härteren Sachen und Jim
bringt eher diese abgründige Tiefe rein. «Sillyworld»
und «Socio» stammen von ihm, Corey schrieb «Trough
Glass» und «Zzyxx Rd.». Aber sobald wir alle zusammen im
gleichen Raum stecken, werden die Tracks zu Stone
Sour-Songs. Also nochmal, prinzipiell wurden die Songs
diesmal von uns dreien aufgebaut. Wir probten dann einen
Monat mit der ganzen Band, sind ins Studio gegangen und
nahmen das ganze innerhalb zweier Monate auf. Zu dem
Zeitpunkt als wir das Studio betraten, waren die Songs
beinahe komplett fertig. Glücklicherweise mussten wir
nicht gleich nach den Touren zum Debütalbum ins Studio,
wegen der Band-Situation. Wir hatten also massig Zeit -
Tatsächlich hatten wir ungefähr zwanzig Songs fertig,
mit Gesang und allem drum und dran.
MF: Wie geht ihr bei der Detailarbeit vor, wurde
beispielsweise schon beim Songwriting/den Proben
diskutiert, wie welcher Part nun zu klingen hatte?
JR: Also die Piano-Parts, die waren klar. Du wärst
wahrscheinlich sowieso überrascht, wieviel schon beendet
war, als wir ins Studio gingen. Die Arrangements, die
Dynamiken...
MF: Um mal kurz auf den Song «Trough Glass» zu
sprechen zu kommen: Ich war ein wenig irritiert, als ich
den hörte - Für mich ist das klassisches
Rock-Songwriting, ziemlich trocken sogar. Nun scheitern
ja leider die meisten Bands daran, überflüssigen Balast
über Bord zu werfen und etwas wirklich gutes und
einfaches zu schreiben. War dieser Song auch im Zuge der
Pre-Production-Sessions entstanden?
JR: Corey hatte ungefähre Ziele, wie er den Song wollte.
Er schrieb ihn auf der Tour mit Slipknot in Japan.
Ursprünglich war nur sein Gesang und seine Gitarre
darauf, ähnlich wie bei «Bother». Aber es war schon
vorgesehen, die ganze Band da mit einzubeziehen, und der
Song wuchs dann im Studio noch mal zu seiner Grösse.
MF: Wie steht's denn mit dem Clip dazu, wessen Idee
war das Konzept dafür?
JR: Tony XXX (Den Nachnamen habe ich leider aufgrund der
schlechten Telefonverbindung nicht mitgekriegt, sorry!)
hatte die ursprüngliche Idee, er war dann auch der
Regisseur beim Shooting.
MF: Zur Drummer-Situation: Wenn ich das richtig
verstanden habe, ist euer Original-Drummer (Joel
Ekonomaki) ausgestiegen, weil sein Sohn krank wurde -
stimmt das so?
JR: Er stiegt aus, weil die Situation zu kompliziert
wurde, eben auch wegen seinem Sohn - Es war einfach das
schlauste in dem Moment.
MF: Wie seid ihr dann auf Roy Mayorga gestossen?
JR: Nick Raskulinecz, der Produzent des Albums, brachte
uns dazu, ihn für die Fertigstellung der Scheibe hinzu
zu ziehen, und das haben wir dann auch getan.
Urspünglich dachte er, dass das eben sein Job sei, eben
die Aufnahmen einzuspielen. Aber als klar wurde, dass
Joel nicht mehr zurückkommen würde, machte es mehr als
nur Sinn, Roy gleich zu behalten. Weil er spielt einfach
wie... (Sucht vergebens nach den passenden Worten) Du
müsstest das selber sehen, ein
Phänomen!
MF: Was für Elemente bringt er denn in die Band ein?
JR: Nun, du müsstest uns live sehen. Ich würde jetzt
einfach mal so sagen, dass er einer der fünf besten
Rock-Drummer in der ganzen Welt ist. Vor allem ist er
auch eine Show-Person, er bringt ein neues
Energie-Level, eine neue Dimension, zu den Konzerten.
MF: Aber auch er konnte bei den Aufnahmen nix mehr
anpassen, Arrangement-mässig?
JR: Er war ja anfangs eh nur als Session-Drummer
gebucht. Zudem wussten wir eh schon, wohin wir mit
dieser Scheibe wollten. Er kümmerte sich dann vor allem
um Details in seinem machbaren Umfeld - Fragte uns aber
oft nach unserer Meinung dazu.

MF: Wie schaut die Zukunft für Stone Sour aus?
JR: Touren, touren, touren, ...
MF: Endlos?
JR: Ja! Wir kommen in einigen Wochen nach Europa, wir
werden in Moskau spielen, für einige Tage nach Hause
gehen, und dann mit Disturbed die Strassen von Amerika
rauf und runter fahren. Und im Januar geht's ab nach
Kanada. Der Rest ist immernoch zu wage.
MF: Angesichts der Band-Situation - hast du
mittleriweile nicht auch schon genügend Material für
eine eigene Veröffentlichung?
JR: Für mich gab's eigentlich immer nur diese Band,
non-stop seit 2000, seit ich und Corey mit der Arbeit
begonnen haben. In der nächsten Slipknot-Phase, in der
Corey und Jim eben anderswo beschäftigt sind, werde ich
vielleicht was machen. Ich steh' total auf richtig harte
Sachen. Blöderweise können wir das bei Stone Sour nicht
machen, da kämem wir dann schon gefährlich in die Nähe
von Slipknot - Macht das Sinn? Aber eben, ich habe schon
einige Sachen rumliegen, Ja.
MF: Schriebst du eigentlich auch auf Tour?
JR: Auf der ersten schrieb ich tatsächlich «Reborn» und
einige Riffs von «Hell & Consequences». Momentan habe
ich aber noch kein Equipment im Bus, auf der
Disturbed-Tour wird das dann aber der Fall sein.
MF: Magst du eigentlich generell über deine Musik
sprechen?
JR: Kommt auf die Fragen an (Lächelt). Es erklärt sich
ja eigentlich von selbst, das Ganze ist zweckdienlich.
Um ehrlich zu sein, manchmal kann es echt brutal sein.
Aber gleichzeitig geniesse ich es sehr, wenn die Leute
ehrlich sind. Wenn man uns nicht mag, Ok, was auch
immer. Aber es ist, was es ist - Und ich bin zufrieden
damit, dass ich darüber sprechen kann, und nicht jemand
der von der Sache keinen Schimmer hat. Und natürlich
hilft es mir auch, in andere
Aspekte einzutauchen - auch wenn das nicht immer das
ist, was der Interviewer eigentlich will.
MF: Ok, das wär's eigentlich gewesen. Besten Dank
für's Interview, ich wünsche dir alles Gute für die
bevorstehende Tour!
JR: Bestenk Dank an dich & Tschüss!
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